15 Jahre Erinnerungsarbeit am Täterort

Die Dokumentation Obersalzberg hat ihr 15jähriges Bestehen gefeiert: Genau am 20. Oktober 1999 hat die Ausstellung des Instituts für Zeitgeschichte über das ehemalige "Führersperrgebiet" bei Berchtesgaden ihre Pforten geöffnet. Seither hat sich der Lern- und Erinnerungsort auf dem Obersalzberg mit durchschnittlich 160.000 Besucherinnen und Besuchern pro Jahr zu einem Publikumsmagneten mit internationaler Ausstrahlung entwickelt. Ein Erweiterungsbau und eine neu gestaltete Dauerausstellung sollen die Erfolgsgeschichte der Dokumentation in den kommenden Jahren fortschreiben.

 

 

Das aktuelle Jubiläum ist damit auch ein wichtiger Orientierungspunkt, um aus den bisherigen Erfahrungen Erkenntnisse für die künftige Geschichtsvermittlung am Obersalzberg abzuleiten. Zum Geburtstag schenkte sich die Dokumentation so auch eine ebenso prominent besetzte wie gut besuchte Podiumsdiskussion für den Blick in die Zukunft und erörtert mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Medien, Politik und Gesellschaft Bilanz und Perspektiven der Erinnerungsarbeit am Obersalzberg:

 

Moderiert von Prof. Dr. Joachim Scholtyseck, der Mitglied im wissenschaftlichen Beirat für die Neugestaltung der Dokumentation ist, diskutierten Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Martin Doerry vom Nachrichtenmagazin Der Spiegel, Landrat Georg Grabner, Vorsitzender des Stiftungsrats der Berchtesgadener Landesstiftung, Franz Rasp, Bürgermeister von Berchtesgaden und Vorsitzender des Zweckverbandes Tourismusregion Berchtesgaden-Königssee sowie Prof. Dr. Andreas Wirsching, der Direktor des Instituts für Zeitgeschichte.

 

Der Obersalzberg war während der NS-Diktatur Hitlers zweiter Regierungssitz. Nach 1945 hatte die US-Army das Gelände als Erholungseinrichtung für die amerikanischen Soldaten in Deutschland genutzt. Mit dem Abzug der US-Truppen wurde der Obersalzberg 1996 an den Freistaat Bayern übergeben. Es folgten kontroverse Diskussionen über die künftige Nutzung des Areals: Schon in den Nachkriegsjahren hatte die Sorge bestanden, das ehemalige "Führersperrgebiet" würde sich zum Wallfahrtsort für Alt- und Neonazis entwickeln. Als Kompromisslinie im Umgang mit dem historisch belasteten Gelände gab die Bayerische Staatsregierung das Zwei-Säulen-Konzept aus: Der Obersalzberg sollte mit dem Bau eines Luxushotels wie vor der NS-Zeit ein Ort des gehobenen Tourismus werden. Der Dokumentation fiel die Aufgabe zu, über die NS-Vergangenheit aufzuklären. Mit der Konzeption der Ausstellung wurde das Institut für Zeitgeschichte München - Berlin (IfZ) betraut.

 

Idylle und Verbrechen

 

Die Wissenschaftler des IfZ erarbeiteten dafür ein Ausstellungskonzept, das die Ortsgeschichte des Obersalzbergs nachzeichnet, dabei aber auch die vermeintliche Idylle von Hitlers Berghof in die verbrecherische Gesamtgeschichte des NS-Regimes einordnet. Gleichzeitig wurde das Bildungsangebot Schritt für Schritt ausgebaut: Die Dokumentation ist 15 Jahre nach ihrer Eröffnung ein lebendiger Lern- und Erinnerungsort mit einem eigenen Bildungsprogramm, öffentlichen Abendveranstaltungen bis hin zu Schülerworkshops und versteht sich damit auch als Bildungsstätte gegen rechtsextremistische Tendenzen in der heutigen Gesellschaft.

 

Perspektiven für die Zukunft

 

Die rasante Entwicklung der Dokumentation seit 1999 sorgte dafür, dass die räumlichen Gegebenheiten rasch an ihre Grenzen stießen: Mit einer Finanzzusage des Freistaats Bayern über 17 Millionen Euro soll die Dokumentation deshalb in den kommenden Jahren einen Erweiterungsbau und eine neu konzipierte Ausstellung erhalten. Erstmals wird dabei auch das Gelände von Hitlers Berghof einbezogen und zum integralen Bestandteil der Dokumentation. Nach den kontroversen Diskussionen rund um die Entstehung der Dokumentation gilt damit als wichtige Erkenntnis der zurückliegenden 15 Jahre, dass nur ein offener und wissenschaftlich fundierter Umgang mit dem Areal eine sensationsheischende oder nostalgische Mythenbildung rund um den Täterort Oberslazberg verhindern helfen kann.

 

Medienberichte zum Jubiläum der Dokumentation finden Sie auf unserer Seite

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