Das Jahr als die Raketen kamen

Nicht das gefährlichste, aber sicherlich eines der spannungsreichsten Jahre des Kalten Krieges – unter diesem Motto stellte das Institut für Zeitgeschichte am 13. März den neuen Jahrgang 1983 der Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland vor.


Das Jahr 1983 war von den massiven Kontroversen um die Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses geprägt. Einerseits musste die Regierung Kohl-Genscher im ersten Jahr ihres Bestehens den Nachrüstungsplänen mit der Stationierung von Pershing-II-Raketen in Deutschland nachkommen, andererseits sah sie sich durch die Friedensbewegung wachsendem innenpolitischen Druck ausgesetzt und bemühte sich weiter intensiv um Verhandlungen mit der UdSSR.


In knapp 400 erstmals veröffentlichten Dokumenten zeichnet der Band die großen Linien der deutschen Außenpolitik nach, wie Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, und Horst Möller, Hauptherausgeber der AAPD, betonten. Dabei falle an vielen Stellen die fortdauernde Aktualität von außenpolitischen Themen auf, wie z.B. bei der momentanen Situation in der Ukraine und der Diskussion über das Für und Wider von Sanktionen.


Matthias Peter, Bearbeiter des Bandes, wies besonders auf die Vermittlerrolle hin, die der deutschen Außenpolitik 1983 zukam. Genscher habe trotz der verschärften Blockkonfrontation durch seine fortdauernden Bemühungen um den Ost-West-Dialog und den Prozess der europäischen Einigung erstaunliche Erfolge erreichen können, so Peter.  


Wolfgang Ischinger, ehemals Diplomat im Auswärtigen Amt und einer der engsten Mitarbeiter Genschers, bezog vor allem seine persönlichen Erfahrungen bei der Würdigung des aktuellen AAPD-Bandes ein und betonte die zahlreichen Konfliktlinien sowohl innerhalb der als auch zwischen den westlichen Regierungen.


In der Diskussion über den neuen Band wurde besonders die Frage behandelt, inwiefern sich die aktuellen Spannungen zwischen Russland, Europa und den USA angesichts der Krim-Krise mit dem Kalten Krieg vergleichen ließen. Ischinger wies diesen Vergleich wegen der ungleich dramatischeren Lage 1983, als tatsächlich ein Nuklearkriegs drohte, zurück. In diesem Zusammenhang wurde außerdem erörtert, wie sich das deutsch-amerikanische Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Aber auch die Bedeutung des persönlichen Verhältnisses zwischen einzelnen politischen und diplomatischen Akteuren wurde lebhaft diskutiert.

 

Der Band 1983 ist der aktuellste Band der IfZ-Aktenedition zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland. Jedes Jahr gibt das Institut für Zeitgeschichte unmittelbar nach Ablauf der 30-jährigen Sperrfrist im Auftrag des Auswärtigen Amts, jedoch in völliger wissenschaftlicher Unabhängigkeit, einen Jahrgang mit kommentierten Dokumenten zur Außenpolitik der Bundesrepublik heraus. Vormals zumeist geheime Akten werden so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

 

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