Fünf Fragen an…

…Sebastian Peters

Sebastian Peters hat die erste Biografie über Heinrich Hoffmann, den Fotografen, Propagandisten und engen Vertrauten Adolf Hitlers, verfasst. Mit seinen bewusst inszenierten und weit vermarkteten Bildern des „Führers” prägte Hoffmann das visuelle Image Hitlers und der NSDAP. In unserem Format „Fünf Fragen“ gibt Sebastian Peters Einblick in zentrale Ergebnisse seiner Untersuchungen.

1. Heinrich Hoffmann war nicht nur Fotograf Hitlers, sondern auch sein enger Vertrauter, der ihm überallhin folgen durfte. Wie hat Hoffmann Hitler kennengelernt und wie sein Vertrauen gewonnen?

Hoffmann hat später behauptet, dass er Hitler nur kennengelernt habe, weil er 1922 für eine ausländische Bildagentur ein Foto des Parteiführers habe machen sollen. Er sei jedoch damals an Hitlers Weigerung, sich fotografieren zu lassen, gescheitert, habe sich aber allmählich mit ihm angefreundet. Die Geschichte klingt nett, ist aber eine reine Legende, die das Kennenlernen entpolitisieren sollte. Tatsächlich war Hoffmann bereits zwei Jahre zuvor, im April 1920, der NSDAP beigetreten; er zählte zu den ersten 500 Mitgliedern. Er und Hitler hatten bereits damals gemeinsame Bekannte und dürften in der Partei rasch ein enges, vertrauensvolles Verhältnis entwickelt haben. Dazu trug sicher auch bei, dass Hoffmann eben nicht als Fotograf zur Partei kam, sondern als ein politisch Überzeugter. Er fotografierte Hitler erst ab 1923, als dieser damit einverstanden war.

2. Wie hat das Hoffmann das zeitgenössische Bild Hitlers geprägt? Lässt sich abschätzen, wie einflussreich seine Aufnahmen waren?  

Hoffmann hatte enormen Einfluss auf Hitlers Image. In den 1920ern war er lange der einzige Fotograf, der sich umfassend in der Bildpropaganda seiner Partei engagierte. Die frühen Propagandaaufnahmen gehen daher maßgeblich auf ihn zurück. Auch später konnte er seine privilegierte Position behaupten: Nur ihm gewährte Hitler ausführliche Porträtsitzungen, er hatte als einziger Fotograf fast andauernden Zugang zu ihm. Die Aufnahmen von exklusiven Orten wie dem Obersalzberg und später auch den Führerhauptquartieren stammen daher überwiegend von Hoffmann beziehungsweise seinem Unternehmen. Zwar sind nur wenige aussagekräftige Quellen zur zeitgenössischen Rezeption überliefert, die Allgegenwart seiner Bilder dürfte jedoch zu einem gewissen Einfluss beigetragen haben. Dafür spricht auch der kommerzielle Erfolg: Allein Hoffmanns eigene Bildbände verkauften sich mehrere Millionen Mal.

3. Wesentlich für Hoffmanns Karriere war seine enge Beziehung zu Hitler. Wie gestaltete sich sein Leben nach 1945?

Hoffmann wurde im Mai 1945 von der US-Army verhaftet und anschließend nach Nürnberg gebracht, da man sein Bildarchiv als Beweismittel für die Nürnberger Prozesse sichern wollte. Ende 1946 wurde er schließlich den deutschen Behörden übergeben und in seinem Entnazifizierungsverfahren zu zehn Jahren Arbeitslager und zu vollständigem Vermögensentzug verurteilt. Es gelang ihm jedoch durch mehrere Revisionsverfahren sowie durch die zunehmende Nachlässigkeit der deutschen Stellen, die Strafe deutlich zu verringern: Er kam bereits 1950 frei und erhielt einen substanziellen Teil seines Vermögens zurück. Während Hoffmann bei der juristischen Rehabilitation Erfolg hatte, blieb ihm diese jedoch in der Öffentlichkeit verwehrt. Für den Zeitzeugen Hoffmann interessierte sich kaum jemand, seine Memoiren blieben weitgehend unbeachtet. Zum Zeitpunkt seines Todes 1957 war er schon ein Stück weit in Vergessenheit geraten.

4. Wie sehr haben Hoffmanns Bilder die Wahrnehmung Hitlers noch nach 1945 beeinflusst?

Das Nachleben seiner Bilder wäre eigentlich ein eigenes Forschungsprojekt, aber ein gewisser Einfluss lässt sich bereits jetzt feststellen. Hoffmann hat den wichtigsten Bildbestand zu Hitler hinterlassen. Sein Sohn betrieb ab den 1950ern eine Bildagentur mit den Aufnahmen des Vaters; der Vertrieb und das Wissen über die Bilder blieben also ein Familiengeschäft. Zudem gab es jahrzehntelang einen eher unkritischen Umgang mit Propagandafotos, auch in der Wissenschaft. Teils wurden die Aufnahmen aus Hoffmanns Propaganda-Bildbänden einfach zur Illustration von Büchern über die NS-Zeit verwendet, ohne dass deren Entstehungskontext thematisiert wurde. Der Schwerpunkt lag auf der Vermarktung des Bildmaterials, nicht auf dessen kritischer Analyse. Dadurch wurden etwa die hochgradig inszenierten Aufnahmen vom Obersalzberg weiterhin als vermeintlich Schnappschüsse von Hitlers Privatleben publiziert. Hoffmanns Hitler konnte so noch lange nachwirken.

5. In der Forschung zur NS-Zeit war Hoffmann lange eine Randfigur. Welchen Beitrag leistet Ihre Biografie für das Verständnis des Nationalsozialismus? 

Hoffmann fand in der bisherigen Forschung zwar oft Erwähnung, wurde aber selten tiefergehend erforscht. Dabei bietet seine Biografie, so außergewöhnlich sie in vielerlei Hinsicht war, einige wichtige Einblicke in die Geschichte des Nationalsozialismus. Gerade der Blick auf die Tätigkeit seines Unternehmens zeigt, wie ausdifferenziert die Tätigkeit einer solchen, formal privaten Propaganda-Institution war. Die Firma entwickelte nicht nur die Motive ständig weiter und passte sie an die politischen Umstände an, sondern nutzte auch eine Vielzahl an Medien, um das größtmögliche Publikum zu erreichen. Hoffmann selbst belegt wiederum eindrücklich die hohe Bedeutung sozialen Kapitals und informeller Netzwerke innerhalb der NS-Elite, über die Einfluss ausgeübt und sich bereichert wurde. So eröffnet sich über seine Karriere eine Perspektive auf die Strukturen, die diese ermöglicht haben.

Sebastian Peters

Hitlers Fotograf Heinrich Hoffmann

Wallstein, Göttingen 2025

ISBN: 978-3-8353-5828-7

Der Autor

Sebastian Peters studierte Geschichte und Politikwissenschaft an der Ludwigs-Maximilians-Universität München und an der Maynooth University. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kurator der Dokumentation Obersalzberg am Institut für Zeitgeschichte München–Berlin.



© Institut für Zeitgeschichte
Content