Neues Forschungsprojekt

„INFOCOM“: IfZ untersucht die informelle Kommunikation im nationalsozialistischen Europa

Ein neues Forschungsprojekt des IfZ wird die Interaktion zwischen offizieller, staatlich-gelenkter Kommunikation „von oben“ und der Produktion, Verarbeitung und Interpretation informeller Informationen „von unten“ im nationalsozialistischen Deutschland und in den von Deutschland besetzten Gebieten Europas untersuchen. Das Projekt mit dem Titel „‘Man hört, man spricht‘: Informal Communication and Information ‚From Below‘ in Nazi Europe“ (INFOCOM) ist auf fünf Jahre angelegt und wird von Caroline Mezger geleitet. Die Förderung erfolgt durch die Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des Programms „Leibniz Beste Köpfe – Junior Research Groups“.

Inspiriert von kulturgeschichtlichen Ansätzen zur Erforschung des Nationalsozialismus, den Medienwissenschaften und historisch-anthropologischen Perspektiven auf Phänomene wie Gewalt und Krieg, untersucht das Projekt Kommunikationsräume und -praktiken „von unten“ – wie zum Beispiel Gerüchte. Damit beleuchtet es innovative Fragen und trägt dazu bei, eine moderne, transnationale Geschichte der Kommunikation im Nationalsozialismus zu etablieren. Wie konstruierten Menschen im „Dritten Reich“ und in dessen besetzten Gebieten Wissen, Wahrheit und Realität in einem diskursiven Umfeld, das von Zensur, staatlicher Propaganda und autoritärer Rhetorik geprägt war? Was sagen uns die Vermittlung, Form und Interpretation informeller Informationen über Praktiken der Inklusion und Exklusion, Geschlechterbeziehungen, ethnische Kategorisierungen oder die Zuweisung und Ausübung von Macht in einer Gesellschaft? Wie eruieren wir in Gewaltsituationen und Ausnahmezuständen das Zusammenspiel von Gesellschaft und Subjektivität, von konstruierten Wirklichkeiten und individuellem oder kollektivem Handlungsvermögen („agency”)?

Um diese Fragen aus einer multidisziplinären, transnationalen und komparativen Perspektive zu erforschen, arbeitet das IfZ mit einem prominenten Netzwerk in- und ausländischer Kooperationspartner zusammen. Beteiligt sind Prof. Dr. Ulf Brunnbauer, Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS) in Regensburg, Prof. Dr. Jan Grabowski, Polish Center for Holocaust Research, Dr. Stefan Martens, Deutsches Historisches Institut Paris, Prof. Dr. Jochen Oltmer, Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) in Osnabrück, Prof. Dr. Roberta Pergher, Indiana University, Prof. Dr. Miloš Řezník, Deutsches Historisches Institut Warschau, Prof. Dr. Marsha Siefert, Central European University, Dr. Oswald Überegger, Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte (ZefüR) der Freien Universität Bozen und Prof. Dr. Yfaat Weiss, Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow (DI).

Für das Projekt, das am 1. Juni 2019 die Arbeit aufnehmen soll, sind derzeit mehrere Promotionsstellen in München ausgeschrieben.



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