Verbrechen in der Endphase des Krieges

In Kooperation mit der Münchner Volkshochschule und dem Oldenbourg-Verlag stellte Sven Keller im Münchner Gasteig seine Promotionsschrift „Volksgemeinschaft am Ende. Gesellschaft und Gewalt 1944/45“ vor.


In seinem Vortrag betonte Keller vor allem die stabilisierende Rolle von Gewalt für den Erhalt der „wehrhaften Volksgemeinschaft“. Diese von den Nationalsozialisten propagierte Gesellschaftsutopie habe in der NS-Gesellschaft als Werte- und Normenmaßstab gewirkt und Gewalt gegen „Volksverräter“ ausdrücklich gefördert. „Als sich im `Dritten Reich´ seit 1942 innere und äußere Krisen häuften, war eine wichtige Motivation für die sogenannten `Endphasenverbrechen´, die von Zusammenbruch und Chaos bedrohte nationalsozialistische Werteordnung im Innern zu verteidigen“, so Keller.

Emotionen und Opfer im Zusammenhang mit Endphasenverbrechen


Keller betonte außerdem, dass das NS-Regime in der Endphase des Krieges Gewalt gezielt als Kommunikationsmittel und als „Propaganda mit anderen Mitteln“ genutzt habe. So hätten öffentliche Gewaltverbrechen gegen „Volksverräter“ und „Volksfeinde“ einerseits einen abschreckenden, andererseits einen bestärkenden Charakter für die „Volksgemeinschaft“ gehabt. Laut Keller könne Gewalt hier auch als letztes Mittel zur Mobilisierung der kriegsmüden Deutschen an der „Heimatfront“ verstanden werden, die in den letzten Kriegswochen mit der tatsächlichen Front zusammenfiel.  

Gewalt als Kommunikationsmittel


In der lebhaften Diskussion im Anschluss an den Vortrag, die von Stephanie Hajak von der Münchner Volkshochschule moderiert wurde, standen Fragen nach der Rolle von Jugendlichen bei ideologisch motivierter Gewalt, nach der sozialen Herkunft der Täter und nach dem Umgang der Bevölkerung mit dem Wissen über diese Verbrechen nach 1945 im Vordergrund.



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