IfZ-Oberseminar
Prof. Dr. Isabel Heinemann, PD Dr. Thomas Schlemmer, PD Dr. Anette Schlimm
LMU München
Zeit: Termine: Donnerstag, 17:00 s.t. bis 20:00 im IfZ, vierzehntägig, Beginn 16. Oktober 2025, Ende 5. Februar 2026.
Ort: IfZ, Vortragsraum
Das Oberseminar richtet sich in erster Linie an die von IfZ-Dozentinnen und -Dozenten betreuten oder im IfZ tätigen Doktorandinnen und Doktoranden sowie an Verfasserinnen und Verfasser von Master- und Staatsexamensarbeiten. Darüber hinaus steht das Seminar allen Studierenden der LMU offen. Neben der Vorstellung und Diskussion laufender Qualifizierungsarbeiten werden allgemeine Probleme von Qualifizierungsarbeiten sowie methodische Fragen der Geschichtswissenschaft erörtert.
Das Programm zum Download
Prof. Dr. Isabel Heinemann
Ludwig-Maximilians-Universität München
Vorlesung: Der Nationalsozialismus und die Zeitgeschichte. Neue Forschungen
Zeit: Montags 14.00 bis 16.00 Uhr
Der Nationalsozialismus und die Geschichte der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik gehören zum zentralen Aufgabengebiet der Zeitgeschichtsforschung. Die Erforschung von Struktur und Weltanschauung der Diktatur, von Massenverbrechen und Genozid bildeten immer wieder den Ausgangspunkt vergangenheitspolitischer Debatten und den Anlass demokratischer Selbstvergewisserung. Doch wie haben sich Forschungskonjunkturen, Analysen und Interpretationsansätze im Laufe der Jahrzehnte verändert, und wo gibt es aktuell Forschungsbedarf oder Kontroversen?
Dabei ist die knappe Epoche von lediglich 12 Jahren mit Vor- und Nachgeschichte weiterhin Gegenstand intensiver Forschungsanstrengungen, Überblicks- und Detailstudien füllen Bibliotheken. Zugleich existiert eine deutliche Diskrepanz zwischen der hohen Intensität und Differenziertheit der Spezialforschung und dem allgemeinen Wissenstand über Diktatur, Krieg und Holocaust, gerade auch unter jüngeren Menschen.
Angesichts der aktuellen Verharmlosungs- und Verfälschungsversuche durch rechtspopulistische Akteurinnen und Akteure liefert die Vorlesung zunächst einen Überblick über den Nationalsozialismus, seine Vor- und Nachgeschichte und legt so eine Grundlage gesicherten historischen Wissens. Hierzu werden insbesondere Politik-, Sozial- und Ideologiegeschichte des NS-Regimes betrachtet. Darauf aufbauend werden historische und aktuelle Forschungskontroversen untersucht, um so Stationen der zivilgesellschaftlichen Selbstvergewisserung in der Bundesrepublik nachzuzeichnen und Folgerungen für die Gegenwart zu ziehen.
Dr. David Irion und Dr. Clara Sterzinger-Killinger
Ludwig-Maximilians-Universität München
Übung: Probleme der Zeitgeschichte nach 1945
Zeit: Donnerstags 16.00 bis 18.00 Uhr
Die Übung ist auf die Verflechtungen der deutsch-deutschen Geschichte fokussiert. Sie gibt einen Überblick zur Geschichte der Bundesrepublik und der DDR in ihren europäischen und internationalen Bezügen. Behandelt werden zentrale politik- und gesellschaftsgeschichtliche Themen. Die Übung führt in die Arbeit mit historischen Quellen ein und gibt erste Einblicke in zeithistorische Forschungsfragen.
Dr. Sven Keller und Dr. Sebastian Peters
Universität Augsburg
Übung: Nationalsozialismus ausstellen am Täterort – Die Dokumentation Obersalzberg
Ort: Universität Augsburg, Dokumentation Obersalzberg
Zeit: 16.10.2025-15.11.2025
Wie lässt sich die Geschichte des Nationalsozialismus heute ausstellen? Die Übung nähert sich dieser Frage am Beispiel des Täterorts Obersalzberg und der dort 2023 neu eröffneten Dauerausstellung an. Der Obersalzberg war von 1933 bis 1945 faktisch zweiter Regierungssitz des NS-Staats, Bühne für die Inszenierung Hitlers als volksnaher „Führer“ und Ort zahlreicher Entscheidungen über Massenverbrechen. Im Rahmen des Kurses werden die Potentiale der Geschichtsvermittlung am authentischen Ort, aber auch die damit verbundenen Schwierigkeiten thematisiert. Wie kann beispielsweise der Umgang mit ideologisch aufgeladenen Objekten oder Propagandabildern aussehen? Welche Herausforderung bringt seriöse Geschichtsvermittlung und Erinnerungsarbeit in einem stark touristisch geprägten Umfeld mit sich? Daran anschließend steht vor allem die Praxis im Fokus: Eine zweitägige Exkursion zur Dokumentation Obersalzberg beleuchtet verschiedene Komponenten des Ausstellungsmachens, ebenso wie die Vermittlungsarbeit vor Ort.
Dr. René Küpper
Karlsuniversität Prag
Blockseminar: Deutsche und Tschechen – nahe und ferne Nachbarn (von der Habsburgermonarchie bis zur europäischen Union)
Zeit: 23.10.-08.12.2025
Bis Deutsche und Tschechen Partner in der Europäischen Union wurden, mussten sie einen langen Weg zurücklegen. Dabei waren sie in verschiedenen Zeiten und Konstellationen ferne und nahe Nachbarn zugleich – zum einen als Bewohner angrenzender Staatswesen, zum anderen bis 1945/47 auch in den Dörfern und Städten der böhmischen Länder. Gerade in letzterem Fall kam es zu oft widersprüchlichen Formen des Zusammenlebens: Pflegten viele Menschen beider Nationen ein konfliktfreies und partnerschaftliches Verhältnis, fochten gleichzeitig die Nationalbewegungen heftige Kämpfe aus. Nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie im Jahr 1918 fanden sich die einstmals politisch dominierenden Deutschen als Minderheit in der nun gegründeten Tschechoslowakei wieder, während ihre tschechischen Nachbarn mit den Slowaken die offizielle Staatsnation bildeten. Im Zweiten Weltkrieg waren die böhmischen Länder in den „Reichsgau Sudetenland“ und das „Protektorat Böhmen und Mähren“ geteilt, das Zusammenleben war nun geprägt von NS-Herrschaft und Terror. Nach der Vertreibung und Zwangsaussiedlung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei betrachteten sich Tschechen und Deutsche vorwiegend aus der Ferne. Während des Ost-West-Konfliktes war die Tschechoslowakei mit gleich zwei deutschen Staaten konfrontiert: der „brüderlich“ befreundeten DDR und der „imperialistischen“ BRD. Nach 1989/90 entwickelten Tschechen und Deutsche trotz aller kontroversen Diskussionen über die gemeinsame Geschichte ein partnerschaftliches Miteinander, das sich heute durch zunehmende wirtschaftliche und gesellschaftliche Verflechtung auszeichnet. In letzter Zeit werden aber auch unterschiedliche Vorstellungen deutlich, wie den globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen sei. Im Blockseminar werden die verschiedenen Stationen dieser vielfältigen nahen und fernen Nachbarschaften analysiert.
Dr. Felix Lieb
Universität Augsburg
Übung: Bilder, die Geschichte schrieben: Visual History im 20. Jahrhundert
Zeit: Mittwochs 15.45 bis 17.15 Uhr
Ort: Raum D2127
In den letzten Jahren hat sich die sogenannte Visual History als neue und sehr lebendige Subdisziplin der Geschichtswissenschaft etabliert. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass visuelle Quellen nicht nur passive Zeugnisse der Geschichte sind, sondern selbst geschichtsmächtig werden können. Bilder haben eine „konstruktive Eigenleistung“ (Gerhard Paul): Sie prägen kollektive Identitäten, erzeugen Wissen, erschaffen Erinnerungszusammenhänge und beeinflussen Kommunikationsbeziehungen. Aufgrund der enormen technischen Fortschritte bei visuellen Medien gilt insbesondere das 20. Jahrhundert mittlerweile als „Jahrhundert der Bilder“. Im Rahmen der Übung werden wir uns anhand einschlägiger Beispiele mit den Potenzialen der Visual History beschäftigen sowie die spezifischen Methoden und Herausforderungen visueller Quellenkritik kennenlernen. Ein Schwerpunkt wird dabei auf der deutschen Geschichte liegen, transnationale und globale Bezüge werden jedoch mitberücksichtigt.
Prof. Dr. Andrea Löw
Universität Mannheim
Hauptseminar: Selbstbehauptung und Widerstand von Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus
Zeit: 4. September 2025, 27. November 2025, 28. November 2025
Die verschiedenen Reaktionen von Jüdinnen und Juden während des Holocaust wurden gerade in Deutschland lange ignoriert und sind, trotz inzwischen vielfältiger Forschung, häufig immer noch weitgehend unbekannt. Das Seminar erforscht und diskutiert verschiedene Formen von Selbstbehauptung und Widerstand in ganz Europa, die Bedingungen, unter denen die verfolgte Minderheit zu handeln gezwungen war und geht auch der Frage der Erinnerung an Widerstand von Jüdinnen und Juden nach 1945 nach.
Die Studierenden sollen in die Lage versetzt werden, sich selbstständig in die Forschungsliteratur und -diskussionen zu diesen Themen einzuarbeiten und diese ebenso auszuwerten wie die verfügbaren Quellen. Auch filmische Darstellungen von Widerstand sollen diskutiert werden. Die Studierenden sollen sich zudem ein Thema so erarbeiten, dass sie eine Seminarsitzung darüber gestalten und eine Diskussion darüber leiten können.
PD Dr. Christian Marx
Universität Trier
Übung: Währung – Zinsen – Steuern – Zölle. Bundesdeutsche Finanz- und Währungspolitik nach 1945
Zeit: Freitag, 10-12 Uhr, 17.10.2025 – 13.02.2026
Ort: Raum B22
Die Übung behandelt die Geschichte der bundesdeutschen Finanzpolitik vom Zweiten Weltkrieg bis zur Überwindung der Finanzkrise 2007/08. Zur Finanzpolitik zählen vor allem staatliche Maßnahmen zur Beeinflussung der Wirtschaft durch die Steuerung der öffentlichen Einnahmen und Ausgaben, die der Stabilisierung des Konjunkturzyklus, der Umverteilung von Einkommen zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit oder der Finanzierung öffentlicher Aufgaben dienen. Doch nicht nur die Fiskal- und Haushaltspolitik hat Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung, auch die Geld- und Währungspolitik ist hierfür von hoher Bedeutung. Folglich behandeln die einzelnen Sitzungen der Übung nicht nur das Agieren der Bundesregierung und des Bundesfinanzministeriums, sondern auch die Geschichte der Zentralbank, des globalen und des europäischen Währungssystems, der Staatsverschuldung und des Verhältnisses von Finanz- und Währungspolitik zur Demokratie.
Ziel der Übung ist es, den Teilnehmenden ein differenziertes Bild über die Geschichte der bundesdeutschen Finanz- und Währungspolitik zu vermitteln, sie mit unterschiedlichen Narrativen vertraut zu machen, und sie zu befähigen, gängige Interpretationen über die Finanzgeschichte der Bundesrepublik zu hinterfragen.
Einführende Literatur: Marc Buggeln: Das Versprechen der Gleichheit. Steuern und soziale Ungleichheit in Deutschland von 1871 bis heute, Berlin 2022; Albrecht Ritschl: Finanzpolitik im Bundesstaat. Die Finanzverfassung Deutschlands seit 1949, in: Bundesministerium der Finanzen (Hg.): 75 Jahre Finanzen für unsere Demokratie – 75 Jahre Bundesministerium der Finanzen, Berlin 2024, S. 152-167.
PD Dr. Eva Oberloskamp
LMU München
Übung: Erinnerungskultur
Ort und Zeit: Dienstags 15-17 Uhr, K 202, CE
Kollektive Erinnerungsprozesse stellen Verbundenheit her und dienen der Selbstvergewisserung von Gemeinschaften. Sie lassen sich als aktive Geschichtskonstruktion deuten, enthalten aber stets auch Aspekte der Unentrinnbarkeit, denen das Individuum ausgesetzt ist. Die Übung befasst sich mit Theorien und Methoden zur Analyse von Erinnerungskultur. Grundlegende Texte der Forschungsliteratur sollen gemeinsam gelesen und diskutiert sowie unterschiedliche Ansätze anhand von Fallbeispielen vertieft werden. Im Mittelpunkt steht die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts in ihren transnationalen Kontexten, wobei der Bedeutung von Holocaust und Zweitem Weltkrieg besondere Aufmerksamkeit gilt.
Einführende Literatur: Aleida Assmann, Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik, 4. Aufl., München 2021.
Dr. Christian Rau
Universität Potsdam
Übung: Einheit und Transformation: Ostdeutschland seit 1989/90
Zeit: Freitag, 10:00-12:00
Auch 35 Jahre nach der deutschen Einheit gilt Ostdeutschland noch immer vielfach als das „andere Deutschland”. Die vierzigjährige Teilungsgeschichte Deutschlands (1949-1989) wirkt scheinbar weiter nach. In diesem Kurs wird die Geschichte der späten DDR/Ostdeutschlands aber nicht nur vor dem Hintergrund des deutschen Vereinigungsprozesses in den Blick genommen, sondern auch als ein besonderes Beispiel für die post-kommunistischen Transformationsprozesse in Europa seit den späten 1980er Jahren. Aus unterschiedlichen Perspektiven und anhand verschiedener Quellen werden die tiefgreifenden Umbrüche in der Gesellschaft der späten DDR und Ostdeutschlands sowie deren Erbe diskutiert.
Helena Schwinghammer
Universität Augsburg
Übung: Von Hausfrauen und Arbeitern. Arbeit und Geschlecht im 19. und 20. Jahrhundert
Zeit: Freitags 10 bis 12 Uhr
Arbeit macht Geschlecht – und Geschlecht macht Arbeit: Diese Übung widmet sich dem historischen Verhältnis von Arbeit und Geschlechterordnungen im 19. und 20. Jahrhundert. In der Übung nähern wir uns Geschlechterbildern und Rollenverteilungen, die im engen Zusammenhang mit der Arbeitswelt stehen. Wir analysieren, wie Arbeit Geschlechterordnungen formte, wie Geschlecht bestimmte Tätigkeitsbilder beeinflusste und wie sich Vorstellungen von „weiblicher“ und „männlicher“ Arbeit wandelten. Im Fokus der Betrachtung steht die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, es können aber auch andere Länder in den Blick genommen werden.