1984: Zwischen Stillstand und Aufbruch

IfZ legt neuen Band der Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik vor

 

München (12.1.2015) Das Institut für Zeitgeschichte hat mit Ablauf der 30-jährigen Sperrfrist den neuen Jahrgang der Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt: In zwei Bänden zusammengefasst, zeichnen 357 erstmals veröffentlichte Dokumente die außenpolitischen Ereignisse des Jahres 1984 nach.


Der Jahrgang 1984 beleuchtet ein Jahr zwischen Stillstand und Aufbruch: Die Ost-West-Beziehungen befanden sich zu Beginn des Jahres an einem Tiefpunkt. Die Sowjetunion hatte die Genfer Abrüstungsverhandlungen verlassen, und die NATO begann in Umsetzung ihres Doppelbeschlusses mit der Stationierung von Pershing-II-Raketen in Europa. Für weitere Konflikte sorgten die amerikanischen Pläne für das Raketenabwehrsystem SDI. Hoffnungsschimmer bot sich dagegen in Stockholm: Dort versammelten sich ab Januar die Unterzeichner der KSZE-Schlussakte zur Eröffnung der „Konferenz über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa“. Doch erst das Ende des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs im November, der Ronald Reagan seinen zweiten Wahlsieg bescherte, und ein erneuter Führungswechsel in der UdSSR von Andropow zu Tschernenko sorgten dafür, dass sich die Supermächte Ende 1984 zu weiteren Verhandlungen an einen Tisch setzten.


Gleichzeitig deuteten sich Zerfallserscheinungen im Warschauer Pakt an: Immer mehr DDR-Bürger flüchteten in die diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik in Ost-Berlin und den osteuropäischen Staaten, um ihre Ausreise zu erzwingen. Auf sowjetischen Druck musste SED-Generalsekretär Honecker einen geplanten Besuch in der Bundesrepublik absagen.


Die Bundesrepublik und Frankreich intensivierten dagegen 1984 ihre Zusammenarbeit und bemühten sich um die Vertiefung der europäischen Integration. Historisch wurden die Bilder von der gemeinsamen Gedenkfeier im Herbst in Verdun, auf der Bundeskanzler Helmut Kohl und Präsident François Mitterrand Hand in Hand ein Zeichen der Aussöhnung setzten. Wenige Monate davor war die Bundesrepublik noch vom D-Day-Jubiläum in der Normandie ausgeschlossen worden. Aus den Staaten des Warschauer Paktes war die Bundesrepublik heftigen Revanchismusvorwürfen ausgesetzt, aber auch engste Verbündete ließen Zweifel an der Unterstützung für eine Wiedervereinigung Deutschlands erkennen – nur fünf Jahre, bevor die Mauer schließlich fallen sollte.


Für innen- und außenpolitischen Konfliktstoff sorgten Wünsche aus Saudi-Arabien nach deutschen Panzerlieferungen. Unter starken Druck geriet Bonn, als Meldungen über die Beteiligung deutscher Firmen an der Chemiewaffen-Produktion im Irak bekannt wurden.


Weitere Dokumente des Jahres 1984 beschäftigen sich u.a. mit der Ermordung Indira Gandhis, dem iranisch-irakischen Krieg und der Krise in Polen.


Das Institut für Zeitgeschichte gibt die Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik im Auftrag des Auswärtigen Amtes, jedoch in völliger wissenschaftlicher Unabhängigkeit heraus und macht so unmittelbar nach Ablauf der 30-jährigen Sperrfrist zumeist geheime Akten der Öffentlichkeit zugänglich.


 

 

Akten zur Auswärtigen Politikder Bundesrepublik Deutschland 1984

bearbeitet von Daniela Taschler und Tim Szatkowski.

Wissenschaftliche Leiterin: Ilse Dorothee PautschMünchen u.a. : De Gruyter Oldenbourg, 2 Bde., 2015. – LXXXVII, 1751 S. – € 139,95

ISBN 978-3-11-034576-6

Für Rezensionsexemplare wenden Sie sich bitte an:

Verlag De Gruyter Oldenbourg, Pressestelle, ulrike.lippe[at]degruyter.com

 



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