Ministerbesuch am IfZ

Historikerinnen und Historiker diskutieren mit Bernd Sibler

Welchen aktuellen Beitrag kann die Geschichtswissenschaft gegen das Erstarken rechtspopulistischer und antidemokratischer Kräfte leisten? Unter dieser Fragestellung hatte das Institut für Zeitgeschichte München−Berlin den bayerischen Wissenschaftsminister Bernd Sibler zu einer Diskussionsrunde mit Historikerinnen und Historikern des IfZ eingeladen. „Die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit hat erneut erschreckende Aktualität gewonnen“, sagte der Direktor des IfZ, Andreas Wirsching. Das Institut sieht sich so auch in einer Brückenfunktion, mit seiner Forschungsarbeit verstärkt gesellschaftlichen Wissenstransfer zu leisten.

Wie wichtig es ist, Geschichtsbewusstsein zu fördern, betonte auch der Minister: Lange Zeit sei man sich sicher gewesen, dass die Lehren aus dem Nationalsozialismus fest in den „Langzeitspeicher der Generationen“ eingegangen seien, so Sibler. Doch gerade, seitdem die AfD auch im Bayerischen Landtag vertreten ist, hätten sich die Grenzen verschoben. Um so dringlicher sei es, verstärkt historische Fakten gegen „oberflächliches Wissen aus der Filterblase“ zu setzen. Sibler würdigte das breite Engagement des IfZ in diesem Feld, das von der Vermittlung von NS-Geschichte in der Dokumentation Obersalzberg bis hin zur Auseinandersetzung mit Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“ in einer kritischen Edition reiche.

Wissenstransfer und Beratung

Wie Forschung und Transfer noch stärker verzahnt werden können, zeigten die Diskussionsbeiträge aus den Reihen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf. Frank Bajohr, Leiter des Zentrums für Holocaust-Studien, verwies beispielsweise auf Studien, wonach deutsche Universitäten ein deutliches Defizit bei der Lehre über den Holocaust offenbarten. Dies wirke sich letztlich auch auf das Wissen von Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer und damit auf die adäquate Behandlung des Holocaust im Schulunterricht aus. Martina Steber, die stellvertretende Leiterin der Forschungsabteilung München, beschrieb die wachsende Zahl an Anfragen insbesondere aus dem kommunalen Bereich, bei denen historisches Wissen beispielsweise im Umgang mit Straßennamen erbeten werde. Solche mitunter konfliktreichen Prozess zu begleiten – einer Aufgabe, die die IfZ-Historiker meist zusätzlich zu ihrer eigentlichen Arbeit in diversen Forschungsprojekten übernähmen –  sei auch ein wichtiger Beitrag für eine demokratische Erinnerungskultur.

Minister Bernd Sibler ermutigte die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gerade in solchen Fragestellungen zu eindeutigen Positionierungen. Dies helfe auch den Stadt- und Gemeinderäten, um demokratisches Bewusstsein vor Ort zu stärken. IfZ-Direktor Andreas Wirsching und der Minister zogen am Ende der Diskussion ein positives Fazit und wollen den intensiven Austausch fortsetzen.



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