Quellen & Perspektiven

Quellen im Sinn der Edition sind Schrift- und gelegentlich transkribierte Tondokumente aus den Jahren des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945. Die Herausgeberinnen und Herausgeber haben sich aus quellenkritischen Gründen dagegen entschieden, Lebenserinnerungen, Berichte und juristische Unterlagen aus der Zeit nach dem 8. Mai 1945 mit in die Dokumentensammlung aufzunehmen.

Eine Ausnahme von diesem editorischen Grundsatz wurde in VEJ 16 zu Auschwitz und den Todesmärschen gemacht: Um die Perspektive der jüdischen Überlebenden abbilden zu können, die ihre Erfahrungen meist erst nach der Befreiung schriftlich niederlegen konnten, wurden auch Dokumente aufgenommen, die bis Anfang Juli 1945 entstanden sind. Sie erscheinen in der Edition jedoch nicht unter ihrem Abfassungsdatum, sondern wurden nach dem Datum der geschilderten Ereignisse in die Chronologie eingereiht.

Die Quellen wurden aus über 200 Archiven zusammengetragen oder von Privatpersonen zur Verfügung gestellt. Ein Großteil der Dokumente wird erstmals auf Deutsch (VEJ) bzw. auf Englisch (PMJ) publiziert.

Dokumentiert werden die Aktivitäten und Reaktionen von Menschen mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Überzeugungen, an verschiedenen Orten, mit jeweils begrenzten Horizonten, Handlungsspielräumen und Absichten. Besonders am Herzen liegen den Herausgeberinnen und Herausgebern Privatbriefe, Tagebuchnotizen und Hilferufe der verfolgten Juden. Denn „ihre Stimmen waren die einzigen“, wie Saul Friedländer schreibt, „die sowohl die Klarheit der Einsicht als auch die totale Blindheit der Menschen vermittelten, die mit einer völlig neuen und zutiefst entsetzlichen Realität konfrontiert waren“ (Friedländer, Das Dritte Reich und die Juden, München 1997, S. 12). Daneben muss die Edition, zumal sie in Deutschland erarbeitet wird, in repräsentativer Auswahl die Schriftstücke enthalten, die von den Verfolgern hinterlassen wurden. Nur so werden die Motive und Verhaltensweisen der Täter erkennbar.

Die chronologische Anordnung erzeugt im Kleinen unübersichtlich erscheinende Dokumentenfolgen, zwingt jedoch zum ständigen Perspektivwechsel. Im Großen entsteht so ein notwendigerweise fragmentarisches, doch vielschichtiges Bild. Es ist unterschiedlichen analytischen Annäherungen zugänglich.