Der Titel „Erste nationalsozialistische Stadt Deutschlands“ zeichnete Coburg in der NS-Zeit aus. Schon 1929 erlangte die NSDAP hier die Stadtratsmehrheit und stellte 1931 den ersten nationalsozialistischen Bürgermeister, Franz Schwede. Gleichzeitig diente Coburg durch seinen günstigen Nährboden der NSDAP als Experimentierfeld: für die gewaltsame Eroberung der Straßen durch die SA in der „Kampfzeit“, für die Mechanismen von Machtübernahme und künftiger Gleichschaltung.
Das Projekt zur Stadtgeschichte Coburgs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts will zum einen die Linien aufzeigen, welche Coburg zur Avantgarde des Nationalsozialismus machten. Den Handlungsrahmen dieser Entwicklung gab der besondere Weg der Residenzstadt zur bayerischen Mittelstadt vor, der durch die Regierungszeit des Herzogs Carl-Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha sowie den Wandel vom Herzogtum zum Freistaat und schließlich die Eingliederung nach Bayern vorgezeichnet war. Zum anderen sind von besonderem Interesse jene Jahre, in welchen die NSDAP in Coburg noch vor der reichsweiten Machtübernahme mit einer Mehrheit im Stadtrat Parteipolitik betrieb. Im Fokus der empirischen Arbeit steht aber vor allem die Zeit nach 1933. Konkret wird die Ausübung von politischer und administrativer Herrschaft durch Partei und kommunale Verwaltung sowie ideologisch begründete Mechanismen von Inklusion- und Exklusion im Alltag und der Lebenswelt der Coburger herausgestellt.