DDR-Film im Umbruch 1989/90

Abgeschlossenes Projekt

Weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:  

Dr. Anne Barnert (ehemalige IfZ-Mitarbeiterin)

Projektinhalt:

Das Forschungsprojekt setzte sich mit kulturellen Reflexions- und Aushandlungsprozessen des Ereignisses „1989“ auseinander. Ziel war es, anhand nicht öffentlich gewordener, geheim gehaltener Filmproduktionen aus der DDR langfristige Wirkungsmechanismen verborgenen, nicht zugänglichen Wissens zu analysieren. Die unzulängliche öffentliche Kommunikation über drängende gesellschaftliche und politische Probleme war eine der Ursachen für den Umbruch 1989. Auch im DDR-Film hinterließen Zensur und Selbstzensur erkennbare Informationslücken, die dem Publikum großenteils bekannt waren und die dessen skeptische Rezeptionshaltung prägten. Zwei Bereiche des DDR-Films wurden untersucht: (1) abgebrochene, nicht aufgeführte Kino-Spielfilme der DEFA, (2) geheime Dokumentarfilme der "Staatlichen Filmdokumentation". Das Forschungsprojekt wertete beide Filmbestände als historisches Quellenmaterial zur DDR-Geschichte und DDR-Medienpolitik aus.


Zu (1): Nicht realisierte DEFA-Filme waren in ihren Themensetzungen und in ihrer Ästhetik oft aussagekräftiger als die für die Öffentlichkeit zugelassenen Filme. Eine Reihe der verbotenen Filmprojekte wurde in den Jahren 1989 bis 1992 – nun verändert –wiederaufgenommen. Sie vermittelten die Umbruchserfahrung in die bundesrepublikanische Öffentlichkeit. Zugleich waren sie von ihrer DDR-Verbotsgeschichte geprägt.


Zu (2): Die Filme der "Staatlichen Filmdokumentation" waren von vornherein nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Außerhalb der DEFA-Strukturen wurden hier Filmaufnahmen hergestellt, die der Eigendokumentation des sozialistischen Staates dienen sollten. Es entstanden in staatlichem Auftrag Filme, für die die sonst so streng überwachten Verbote nicht galten. Sie erlauben heute einen weniger verstellten Einblick in den Alltag der DDR.


Beiden Filmbeständen ist gemeinsam, dass sie – fiktional bzw. dokumentarisch – auch solche Problemlagen thematisierten, die in der DDR-Öffentlichkeit geheim gehalten wurden. Als "Geheimnis der Mächtigen" wurden sie zu Faktoren des Umbruchs und entwickelten 1989/90 ihre eigene Dynamik. Als Diktatur- und Umbruchserfahrung gingen sie system- und zäsur-übergreifend in heutige Debatten ein.

Publikationen im Rahmen des Projekts

Anne Barnert (Hrsg.)

Filme für die Zukunft.

Berlin 2015


 



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