Die „Organisation Todt“: Bau von Infrastruktur für Krieg und Völkermord

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (IfZ):  Dr. Christian Packheiser
Projektinhalt:

Obwohl die paramilitärische „Organisation Todt“ europaweit für mehrere Millionen Arbeiter verantwortlich war, sowie eine exponierte Rolle bei der Kriegführung des NS-Regimes spielte, ist sie nur unzulänglich erforscht. Die Studie von Christian Packheiser konzentriert sich in einem transnationalen Vergleich auf ihre Schlüsselfunktion für die Bereitstellung kriegsrelevanter Infrastruktur, beim Zwangsarbeitseinsatz (u.a. im Kontext des Holocaust) und auf ihre Beteiligung bei der wirtschaftlichen Ausbeutung besetzter Länder. Dabei erweitert sie den Blick um Spezifika deutscher Machtausübung und fragt nach der Bedeutung informeller, personeller und unbürokratischer Herrschaft, wie auch nach dem Wechselverhältnis zwischen staatlich-militärischer Administration und Privatwirtschaft, Besatzern und Besetzten sowie Kollaboration und Widerstand.

Untersuchungsfelder resultieren aus der engen Verzahnung der OT mit der Rüstungsindustrie, dem Militär und weiteren Kooperationen, etwa mit dem Reichswirtschaftsministerium, dem Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft und großen Teilen der Bauindustrie. Zudem arbeitete die OT in den besetzten Gebieten mit den jeweiligen territorialen Befehlshabern und anderen NS-Organisationen zusammen. Diesen arbeitspragmatischen und sachthematischen Verflechtungen wird nicht nur auf ministerieller Ebene, sondern im transnationalen Vergleich mit Blick auf nachgeordnete Dienststellen in horizontaler, vertikaler wie diagonaler Perspektive, nachgespürt.

Mechanismen von Herrschaft und Unterwerfung werden in ihrer Interdependenz mit verkehrsbaulicher Raumerschließung erfasst. Es besteht die Chance, genuine NS-Herrschaftsmechanismen mittels Verkehr und Infrastruktur als analytische Kategorien über die Zäsuren von 1933 und 1945 hinweg zu konturieren. Die während des Baus der Reichsautobahn in den 30er Jahren gesammelten praktischen Erfahrungen waren nicht zuletzt die Voraussetzung für die eigentliche Gründung der OT im Rahmen des Westwallbaues und damit für ihre europaweiten Kriegsaufgaben. In den besetzten Gebieten geraten die Rekrutierungspraxen, die Arbeits- und Lebensbedingungen in den Fokus. Weiterhin sind die rüstungswirtschaftlichen Aufgaben der OT zu betrachten: die zunehmend intensive Beteiligung bei Abbau, Raub und Abtransport von Nahrung und Rohstoffen. Zudem interessieren die Dienstleistungen der Organisation für die Wehrmacht, und damit ihr direkter Beitrag zur Kriegführung und -verlängerung.




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