Wiebke Lisner
Hebammen im Wartheland. Geburtshilfe zwischen Privatheit und Rassenpolitik 1939-1945
Das Private im Nationalsozialismus, Band 6
Göttingen 2025
ISBN: 978-3-8353-5503-3
Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett sind individuelle, private Erfahrungen im Leben von Frauen und Familien und zugleich zentrale Bereiche staatlicher Bevölkerungspolitik in der Moderne. Das NS-Besatzungsregime verfolgte in den annektierten westpolnischen Gebieten eine radikale rassistische, vom Ziel der "Germanisierung" bestimmte Geburtenpolitik. Es förderte Geburten von deutschen Kindern und entzog polnischen und jüdischen Frauen gesundheitliche Ressourcen, um Geburten zu verhindern. Wie arbeiteten Hebammen als Expertinnen für Geburtshilfe unter diesen Bedingungen im Reichsgau Wartheland? Im Sinne einer neuen Besatzungsgeschichte zeichnet Wiebke Lisner anhand biografischer Aspekte deutscher, polnischer, nicht-jüdischer und jüdischer Hebammen Erfahrungen, Deutungen und Handlungspraxen nach. Auf Grundlage bislang nicht berücksichtigter Archivquellen reflektiert sie Lebensverläufe von Hebammen, ihre Interaktionen mit Frauen und Familien, Ärztinnen, Ärzten und staatlichen Stellen. Die Studie wirft erstmals ein Licht auf die "alltägliche" Umsetzung von "Germanisierung", Rassen- und Biopolitik im weiblich dominierten Aktionsraum von Schwangerschaft, Geburt und Reproduktion unter deutscher Besatzungsherrschaft in Polen.
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