„Auch den Gutgläubigsten ging allmählich auf, dass wir Tote auf Abruf waren.“

Das kurze Leben deutschsprachiger Juden nach ihrer Deportation ins besetzte Osteuropa

Vor genau 80 Jahren, im Herbst 1941, begannen die systematischen Deportationen deutscher und österreichischer Jüdinnen und Juden in das besetzte Polen, Weißrussland und das Baltikum. Die Nationalsozialisten verschleppten zunächst knapp 20.000 Männer, Frauen und Kinder in das Getto Litzmannstadt (Lodz), danach bis Februar 1942 gut 30.000 nach Riga und Minsk. Es folgten zahlreiche weitere Deportationszüge u.a. nach Theresienstadt im „Protektorat Böhmen und Mähren“ und nach Auschwitz.

Am Beispiel der Deportationen nach Riga und Minsk geht der Vortrag der Frage nach, wie die Erwartungen und Wahrnehmungen der Jüdinnen und Juden waren, die aus Wien und zahlreichen Städten des „Altreichs“ Ende 1941 und im Jahr 1942 dorthin deportiert wurden. Die Deportierten waren direkt bei der Ankunft schon mit dem Massenmord konfrontiert, da in Minsk und Riga große Teile der lokalen jüdischen Bevölkerung kurz vor der Ankunft der Deportationszüge erschossen worden waren, um Platz für die Neuankömmlinge zu schaffen. Diese zogen dann in die eben noch genutzten Wohnungen der Ermordeten ein. Welche Auswirkungen hatte diese Erfahrung auf die Selbstwahrnehmung und darauf, wie die wenigen Handlungsspielräume noch genutzt wurden? Die Deportierten sahen sich in einem völlig neuen und unbekannten sozialen Umfeld und interagierten mit der lokalen jüdischen Bevölkerung, teilweise auch mit der nichtjüdischen Bevölkerung sowie mitunter auch mit den deutschen Machthabern vor Ort. Wie die Deportierten in diesem komplizierten sozialen Gefüge handelten und versuchten, Einfluss auf ihre Lage zu nehmen, soll in diesem Vortrag dargestellt werden.

Das Kolloquium “The Holocaust and its Contexts” wird gemeinsam vom Lehrstuhl für Zeitgeschichte und dem Zentrum für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte München veranstaltet. Es ist ein Diskussionsforum, das Trends, Themen und Grundsatzfragen der Holocaust-Forschung aufgreift und neuere Forschungen in einem weiteren Kontext präsentiert

Vortrag von Andrea Löw (Zentrum für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte München–Berlin), Moderation: Frank Bajohr (Zentrum für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte München–Berlin).

ORT

Historicum der LMU München
Raum K001
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80799 München

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