Das Ende aller Gewissheiten und die (De-)Stabilisierung von Begriffen

Perspektiven einer Begriffsgeschichte der Gegenwart
- 06.10.2023 15:00 Uhr

Ein Paradox der jüngsten Diskussionen um „fake news“, „post truth“ und „alternative Fakten“ besteht darin, dass in ihnen alles umstritten ist außer dem Begriff des Faktums selbst. Unbeeindruckt von der postmodernen Dekonstruktion wissenschaftstheoretischer Großbegriffe wie Wahrheit oder Objektivität im angeblichen Übergang von der Moderne zur Postmoderne seit den 1970er Jahren protestierten Wissenschaftler*innen 2017 im „March of Science“ für die Anerkennung ihrer empirisch fundierten Wahrheitsansprüche. In den konfligierenden und einander oftmals diametral widersprechenden Weltdeutungen bezeichnet „Faktum“ auf allen Seiten scheinbar das gleiche: eine angemessene Repräsentation der Welt mit Orientierungsfunktion. Obwohl Herleitung und Begründung des Faktischen markant differieren können, wird dennoch der Begriff gerade im Konflikt gestärkt. Diese begriffliche Stabilisierung widerspricht gängigen Hypothesen über die Entwicklung der Begriffsgeschichte im „Age of Fracture“ (Daniel T. Rodgers), die angesichts der sozio-kulturellen Pluralisierung und der Intensitätssteigerung politischer Konflikte eher eine Verflüssigung, Auflösung oder den Zerfall der Grundbegriffe zur Deutung der politisch-sozialen Welt nahelegen. Von dieser Beobachtung ausgehend, wird der Workshop zentrale Begriffe zur Beschreibung der Realität untersuchen und danach fragen, ob diese angesichts der Pluralisierung von Weltdeutungen seit den 1970er Jahren und vor allem in den zunehmenden Konflikten über das Faktische – also darüber, was der Fall ist – stabilisiert oder destabilisiert wurden.

Organisation: Rüdiger Graf (ZZF) und Martina Steber (IfZ/Augsburg).

Hier finden Sie das vollständige Workshop-Programm.

ORT
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam

ANMELDUNG
Bis 29. September 2023 bei Rüdiger Graf: graf[at]zzf-potsdam.de