Historische „Inwertsetzung“ städtischen Bauerbes

Tagungstelegramm: Urban Authenticity: Creating, Contesting and Visualising the Built Heritage in European Cities since the 1970s

Die Projektgruppe des Leibniz-Verbundprojekts „Urban Authenticity: Creating, Contesting and Visualising the Built Heritage in European Cities since the 1970s“ ist am 30. September und 1. Oktober zum fünften Mal zusammengekommen. Vor dem malerischen Ambiente des Hirsvogelsaals diskutierten die Teilnehmenden in Nürnberg Zuschreibungen und soziale Konstruktionen städtischer Authentizität und beschäftigten sich mit sogenannten Inwertsetzungsprozessen um historische Gebäude bzw. Stadträume.

Die Projektmitglieder berichteten bei diesem Workshop über den Stand ihrer Forschungen und stellten erste Fallbeispiele und Ergebnisse vor. Anja Tack (ZZF Potsdam) sprach über den Umgang mit dem städtischen Bauerbe Potsdams: Dort wurden in den 1990er Jahren vor allem aus der DDR stammende Bauten als das Stadtbild „störend“ und der klassischen europäischen Bautradition entgegenstehend empfunden. Julia Ziegler (IfZ) skizzierte die Entwicklungsphasen des Umgangs der Stadt Nürnberg mit dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände seit 1945, wobei die Debatten und differierenden Ansätze zur Nutzung des Geländes seitens der Stadtverwaltung und Zivilgesellschaft im Fokus standen. Zum Abschluss des ersten Veranstaltungstages verortete Alexander Schmidt als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände das Dokumentationszentrum in der Erinnerungskultur der Stadt Nürnberg und berichtete von dort kuratierten Ausstellungen.

Am zweiten Tag des Workshops präsentierte Daniel Hadwiger (IRS Erkner) sein Forschungsprojekt zu Authentisierungsprozessen in Marseille. Das dortige Hafengelände, das im Zweiten Weltkrieg zerstört und heute verschiedene Zeitschichten von der Antike bis zur Moderne aufweist, ist Thema diverser städtischer Diskurse. Den Abschluss der Vorträge machte Tabitha Redepennig (Herder Institut Marburg) mit ihrem Beitrag zum Stadtrundgang „Rote Route“ in Stettin, der mehrmalige Weiterentwicklungen erfuhr und bis heute ein touristischer Anziehungspunkt der Stadt ist.

Nach gewinnbringenden und anregenden Diskussionen sowie Kommentaren der Gäste Christian Rau (IfZ), Alexander Schmidt (Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg), Helen Wagner (FAU Erlangen-Nürnberg) und Sabine Stach (GWZO Leipzig) erhielten die Teilnehmenden bei einer Stadtführung der Nürnberger Altstadtfreunde einen Einblick in die Arbeit der Bürgerinitiative, die ein wichtiger lokaler Akteur im Diskurs über den Umgang mit dem Bauerbe ist.

Für Juni 2022 ist eine mehrtägige Konferenz in Stettin geplant. Darüber hinaus entsteht im Rahmen des Projekts eine Website, die voraussichtlich im September 2022 online gehen wird.



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