Prof. Dr. Magnus Brechtken
Ludwig-Maximilians-Universität München
Übung: Quellenfragen und Kontroversen zur Geschichte des Nationalsozialismus: Hitler und die Deutschen
Zeit: Donnerstags 10.15 bis 11.45 Uhr
„Hitlers Geschichte ist die Geschichte seiner Unterschätzung“ schrieb Veit Valentin in seiner „Geschichte der Deutschen“ bereits 1947. In der Forschung ist die Frage nach der Rolle und Bedeutung Adolf Hitlers für den Aufstieg und die Herrschaft des NS in immer neuen Wellen diskutiert. Für die einen war er „master of the Third Reich“ (Norman Rich), für andere ein „in mancher Hinsicht schwacher Diktator“ (Hans Mommsen). Eine Analyse der Texte jener Autoren, die sich prominent an diesen Auseinandersetzungen beteiligt haben, zeigt manchen überraschenden Befund zu deren Quellenkenntnis. In der Übung werden Texte zur Forschungsdiskussion über die Herrschaftsstrukturen des Nationalsozialismus und die Person Hitlers und ihre Quellen- und Literaturreflexion hin analysiert. Zentral ist dabei die intensive Lektüre einschlägiger Quellentexte und exemplarischer Forschungsbeiträge. Zugleich soll die Wirkung sowohl von Autoren wie deren Texten auf die weiteren Forschungsdiskurse im Kontext wichtiger Institutionen (Universitätslehrstühle, Institut für Zeitgeschichte, Deutsche Historische Institute) erörtert werden.
Dr. Tim Geiger
Universität Potsdam
Übung: Der diplomatische Prozess zur deutschen Einheit 1989/90
Zeit: Montag, 18–20 Uhr
Im Kalten Krieg galt die deutsche Teilung lange als unüberwindbar. Entsprechend wurde die Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands 1989/90 innerhalb eines knappen Jahres als „Sternstunde der Diplomatie“ gefeiert. Die Übung will mithilfe der zahlreichen deutschen und internationalen Akteneditionen Einblicke in diesen Maschinenraum der Diplomatie geben. Anhand von Quellen sollen zentrale Probleme und Etappen des staatlichen Vereinigungsprozesses in ihren internationalen Kontexten ergründet werden, die sich teils bis heute auswirken (z. B. NATO-Osterweiterung).
PD Dr. Frieder Günther
Humboldt-Universität zu Berlin
Übung: Was lief schief ab 1990 in Ostdeutschland? Die Transformation im Spiegel aktueller Debatten
Zeit: Montags 10.15 bis 11.45 Uhr
Fehler, die im Kontext der Wiedervereinigung beim Aufbau Ost gemacht wurden, scheinen die innere Einheit Deutschlands bis in die Gegenwart hinein zu belasten. Folglich häufen sich seit einigen Jahren populäre und populärwissenschaftliche Studien, die einen entschieden kritischen Blick auf die Transformation Ostdeutschlands ab 1990 werfen. Einige sprechen sogar von einer „Übernahme“ oder von einer „Kolonialisierung“ des Ostens durch den Westen. Dieser Kurs behandelt diese seit einigen Jahren immer wieder aufflammende Debatte. Welche Erkenntnisse können wir daraus ziehen für eine zeithistorische Betrachtung der Transformation während der 1980er und 1990er Jahre? Und welche Konturen gewinnt die aktuelle Debatte aus einer distanzierteren wissenschaftlichen Perspektive?
PD Dr. Malte König
Universität des Saarlandes
Übung: Die Konstruktion Europas: Geschichte der europäischen Integration 1945-1992
Ort: Universität des Saarlandes, online (MS Teams)
Zeit: Mittwoch, 18-20 Uhr, 9.4.-16.7.2025
Die Initiative zur europäischen Integration basierte auf dem Willen, aus der Geschichte zu lernen. Um die Fehler der ersten Nachkriegszeit zu vermeiden und langfristig den Frieden zwischen den Nationen zu sichern, sollte nach Ende des Zweiten Weltkriegs eine europäische Gemeinschaft gegründet werden. Neben sicherheitspolitischen Gründen prägten jedoch auch machtpolitische, wirtschaftliche und kulturelle Motive den Einigungsprozess; teilweise trieben sie diesen voran, teilweise behinderten sie ihn. Sechs Staaten unterschrieben im März 1957 die Römischen Verträge, zwölf Staaten unterzeichneten 1986 die Einheitliche Europäische Akte, bis zum Jahr 2007 sollte die Europäische Union auf 27 Mitglieder anwachsen. Wie vielen Staaten aber kann eine Wirtschaftsgemeinschaft gerecht werden, wie schafft man eine politische Dachinstitution und welche Kompetenzen gibt man dieser? Die Übung zielt darauf ab, gemeinsam die Möglichkeiten und Probleme herauszuarbeiten, die der europäische Integrationsprozess mit sich brachte. Die Erschaffung des gemeinsamen Marktes, das Scheitern des Fouchet-Plans oder die Krise des „leeren Stuhls“ sind nur einige Beispiele für die Fälle, die untersucht werden. Durch den Nachvollzug der historischen Entwicklung soll herausgestellt werden, wie europäische Visionen stets auf nationale und internationale Ziele, Verpflichtungen und Sachzwänge trafen, um somit die Komplexität des europäischen Einigungsprozesses begreifbar zu machen.
Literaturempfehlung:
Brigitte Leucht/Katja Seidel/Laurent Warlouzet (Hg.), Reinventing Europe. The History of the European Union, 1945 to the Present, London u.a. 2023; Wilfried Loth, Europas Einigung. Eine unvollendete Geschichte, 2., aktual. u. erweiterte Aufl., Frankfurt a.M. 2020; Gabriele Clemens/Alexander Reinfeldt/Gerhard Wille, Geschichte der europäischen Integration. Ein Lehrbuch, Paderborn 2008; Kiran Klaus Patel, Projekt Europa. Eine kritische Geschichte, München 2018; Gerhard Brunn, Die Europäische Einigung. Von 1945 bis heute, 5., überarb. u. aktual. Aufl., Ditzingen 2020.
PD Dr. Christian Marx
Universität Trier
Übung: Deindustrialisierung in Westeuropa seit den 1970er Jahren
Zeit: Freitags 10 bis 12 Uhr
Die Übung behandelt die Geschichte der westeuropäischen Deindustrialisierung seit den 1970er Jahren. Die westliche Welt erlebte seit jener Dekade einen massiven Abbau heimischer Industriearbeitsplätze – ihr Anteil an der globalen Industrieproduktion nahm deutlich ab. Besonders eindrücklich zeigte sich diese Entwicklung in traditionellen Industriezweigen wie der Textilindustrie, dem Kohlenbergbau, der Eisen- und Stahlindustrie und dem Schiffbau. Vielfach wurden Produktionsstätten im Zuge der anlaufenden Globalisierung in Länder mit niedrigeren Löhnen verlagert, zugleich verringerten technologische Innovationen den Arbeitsaufwand. Die Rückkehr ökonomischer Krisen, der Wiederanstieg der Arbeitslosigkeit und eine anschwellende Staatsverschuldung stellten für die westeuropäischen Industrie- und Wohlfahrtsstaaten eine enorme Herausforderung dar. Die Deindustrialisierung gehört damit zu den folgenreichsten Transformationsprozessen der jüngsten Zeitgeschichte. Vor allem jene Räume waren von den Folgen der Deindustrialisierung betroffen, in denen sich die alten Industrien konzentrierten, denn es war nicht möglich, die in der Industrie massenhaft freigesetzten Arbeitskräfte in dienstleistungsorientierte Branchen zu verlagern.
Ziel der Übung ist es, den Teilnehmer:innen ein differenziertes Bild über die Geschichte der westeuropäischen Deindustrialisierung zu vermitteln, sie mit unterschiedlichen Narrativen vertraut zu machen, und sie zu befähigen, gängige Interpretationen über die Vorgeschichte der Gegenwart zu hinterfragen.
Einführende Literatur: Raphael, Lutz: Jenseits von Kohle und Stahl. Eine Gesellschaftsgeschichte Westeuropas nach dem Boom, Berlin 2019; Strangleman, Tim u. a. (Hg.): The Routledge International Handbook of Deindustrialization Studies, Abingdon 2025.
Dr. Samuel Miner
Ludwig-Maximilians-Universität München
Basiskurs: Arbeit und Staat vom Kaiserreich zu Weimarer Republik (1890-1933)
Zeit: Dienstags 14.15 bis 16.45 Uhr
Um die Jahrhundertwende erlebte das Kaiserreich eine Revolution der Arbeiterbewegung. In Verbindung mit der raschen Industrialisierung der deutschen Wirtschaft und dem Auslaufen der Sozialistengesetze wurde die Arbeiterbewegung zu einer der wichtigsten politischen Stimmen in Deutschland. Der Staat verfolgte jedoch einen anderen Ansatz gegenüber der Arbeiterschaft: Er betrachtete Streiks weiterhin als illegal und schränkte die Rechte der Arbeiter*innen ein. Während des „Burgfriedens” des Ersten Weltkriegs regelte die Kriegsgesetzgebung die Arbeitsbeziehungen. Die Weimarer Republik bot zum ersten Mal in der deutschen Geschichte das Versprechen einer „Arbeitsverfassung”. In Weimar aber entwickelten auch Nationalkonservative und Nationalsozialisten die Idee einer „Betriebsgemeinschaft” weiter, in der die Mitglieder der „Volksgemeinschaft” in einer vermeintlich klassenlosen Gesellschaft lebten.
Dr. Bodo Mrozek
Universität Zürich (UZH)
Blockseminar: Fackeln, Flash-Mob, Tik-Tok-Video: Theatrale Aktionen im Kulturkampf der extremen Rechten (1980er-heute)
Zeit: 16.–18. Mai 2025
Vom martialischen Fackelumzug über das Kunst-Happening bis zum Tik-Tok-Video: Die theatralen Interventionen der extremen Rechten haben sich seit den 1980er Jahren stark gewandelt. Immer öfter nehmen sie gezielt den Kulturbetrieb ins Visier. Interventionen bei Filmfestivals, Lesungen, Konzerten und Theateraufführungen betreiben einen Kulturkampf von rechts. Die Dramaturgie folgt Konzepten der ‚kulturellen Hegemonie‘, die ursprünglich in der Linken entwickelt wurden. Ihnen folgend wird die politische Auseinandersetzung dezidiert auf das Gebiet der Kultur verlagert indem demokratische und solidarische Inhalte gezielt delegitimiert und für die eigenen rassistischen Inhalte umgemünzt werden. Der Erfolg dieser Strategien ist derzeit in dramatischer Weise in den USA zu besichtigen.
Die Lehrveranstaltung führt mit Lektüren von Antonio Gramsci, Alain de Benoist u.a. in zentrale Texte und Strategien ein, führt an konkreten Beispielen deren Umsetzung, historischen Wandel und mediale Ziele vor und entwickelt in praktischen Übungen Gegenstrategien der Immunisierung.
Humboldt-Universität zu Berlin
Ringvorlesung: “Hybride Konflikte im Kalten Krieg”
Veranstaltungsort: Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin, Hörsaal 1072, Unter den Linden 6, 10117 Berlin
Zeit: 29.4.–15.6.2025, Beginn jeweils um 18 Uhr
Der Kalte Krieg war nicht nur eine politisch-ideologische und militärstrategische Auseinandersetzung. Er perfektionierte auch ‚irreguläre‘ Techniken der Konfliktführung von Propaganda und Desinformation über Spionage und Sabotage bis hin zu Entführungen und Mordanschlägen. Aus Perspektive der Gegenwart einer neuen Ost-West-Konfrontation stellt die Ringvorlesung typische Felder hybrider Konfliktführung exemplarisch vor. Sechs Vorträge von Expert:innen widmen sich jeweils einem Aspekt hybrider Konfliktführung im Kalten Krieg.
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Prof. Dr. Martina Steber
Universität Augsburg
BA-Hauptseminar: Abschied vom Industriezeitalter. Die Deindustrialisierung seit den 1970er Jahren
In den Jahrzehnten seit den 1970er Jahren brachen in den westlichen Industriestaaten in einem bis dahin ungekannten Ausmaß klassische Industrien zusammen. Besonders betroffen waren die Textil-, Kohle- und Stahlindustrie. Die Schließung großer Fabriken, Firmeninsolvenzen und Massenarbeitslosigkeit waren die unmittelbare Folge. Der ökonomische Niedergang einstmals blühender Städte und Regionen, tiefe soziale Verwerfungen und dramatische biographische Brüche gehörten zu den mittelbaren Folgen der Deindustrialisierung, genauso wie heftige politische Auseinandersetzungen (z.B. der Miners‘ Strike in Großbritannien 1984/85). In Osteuropa nach 1989/90 fiel die Systemtransformation mit der rapiden Deindustrialisierung ganzer Landstriche zusammen. Besonders auch in der doppelten deutschen Geschichte hat diese Erfahrung in der Erinnerungskultur tiefe Furchen hinterlassen.
Das BA-Hauptseminar führt in die Geschichte der Deindustrialisierung damit in einen der folgenreichsten Transformationsprozesse der jüngsten Zeitgeschichte in der westlichen Welt ein. In einem multiperspektivischen Ansatz wird die Deindustrialisierung wirtschafts-, politik-, gesellschafts- und kulturhistorisch betrachtet.
Zum einen wird die Makroebene befragt werden: Welche Ursachen waren für den Zusammenbruch der Industrien verantwortlich? Wie gingen Staat und Politik damit um? Welche Konzepte wurden verfolgt, um neue ökonomische Zukunft zu gewinnen? Zum anderen werden die Dynamiken auf der Mikroebene untersucht: Was passierte in den betroffenen Firmen? Was bedeutete die Schließung von Fabriken für die Standorte? Wie agierten Gewerkschaften und Arbeitnehmer? Welche Folgen hatte die Arbeitslosigkeit für die Betroffenen und ihre Familien?
Prof. Dr. Hermann Wentker
Universität Potsdam
Oberseminar: Die friedliche Revolution in der DDR und die Wiedervereinigung Deutschlands
Das Oberseminar fragt zunächst nach den tieferen Ursachen und den Anlässen der friedlichen Revolution in der DDR im Herbst 1989. Sodann geht es um das Revolutionsgeschehen selbst, das zunächst in den Mauerfall vom 9. November 1989 mündete. Danach werden die Prozesse analysiert, die auf nationaler und internationaler Ebene zur Wiedervereinigung geführt haben. Ein Ausblick widmet sich der "Nachgeschichte" im vereinigten Deutschland und in Europa.
Literaturhinweise: Andreas Rödder, Deutschland einig Vaterland. Die Geschichte der Wiedervereinigung, München 2009; Klaus-Dietmar Henke (Hg.), Revolution und Vereinigung 1989/90. als in Deutschland die Realität die Phantasie überholte, München 2009; Dierk Hoffmann (Hg.), Die umkämpfte Einheit. Die Treuhandanstalt und die deutsche Gesellschaft, Berlin 2022