München 1972

Der Anschlag auf die israelische Olympia-Mannschaft – Geschichte und Erinnerung

Seit Sommer 2023 arbeiten eine internationale Historiker-Kommission und das Institut für Zeitgeschichte an dem Projekt „Aufarbeitung des Anschlags auf die israelische Olympia-Mannschaft vom 5. September 1972 während der Olympischen Spiele in München sowie seiner Vor- und Nachgeschichte“.

Der Anschlag am 5. September 1972 und seine Aufarbeitung

Am 5. September 1972 überfielen acht Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September während der Olympischen Sommerspiele in München das israelische Team der Herren. Bei dem Anschlag und im Zuge eines missglückten Befreiungsversuchs durch die bayerische Polizei starben elf israelische Sportler, ein deutscher Polizist und fünf der Geiselnehmer. Die Ereignisse im olympischen Dorf und auf dem Flugplatz in Fürstenfeldbruck waren Themen in Filmen, TV-Dokumentationen, Publizistik, Medienberichten, Sachbüchern und wissenschaftlichen Darstellungen. Aber noch immer gibt es viele unbeantwortete Fragen zum damaligen Geschehen, zu seiner Vorgeschichte und seinen Folgen.

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat das Institut für Zeitgeschichte damit beauftragt, in Kooperation mit einer ehrenamtlich arbeitenden internationalen Historikerkommission dieses Desiderat zu schließen. Das IfZ hat dafür eine Forschungsstelle eingerichtet. Das Projekt ist auf die Dauer von drei Jahren angelegt. Es soll die unmittelbare Vorgeschichte, den Anschlag selbst, das Agieren von Sicherheitsbehörden und Politik, die Folgen des Anschlags für die bundesdeutsche Nahostpolitik sowie seine innenpolitische und erinnerungskulturelle Nachgeschichte untersuchen.

Noch viele offene Fragen

Offene Fragen gibt es beispielsweise im Hinblick auf den nachrichtendienstlichen Austausch im Vorfeld des Anschlags, zum Hintergrund und den Netzwerken der Attentäter sowie zu einer möglichen Unterstützung durch deutsche Links- und Rechtsextremisten. Widersprüchlich sind auch immer noch die Informationen zum Tathergang und zum Ablauf des Polizeieinsatzes in Fürstenfeldbruck. Die Geschehnisse im olympischen Dorf und in Fürstenfeldbruck sind detailliert aufzuarbeiten. Dazu gehört die Arbeit des Krisenstabes, dessen Kommunikation mit den Geiselnehmern und dem israelischen Staat. Zu untersuchen ist, warum Angebote der israelischen Regierung, eine Eliteeinheit zur Befreiung der Geiseln einzusetzen, abgelehnt wurden. Viel spekuliert wurde bisher über Hintergründe der Entführung einer Lufthansamaschine, die im Oktober 1972 zur Freipressung der überlebenden Attentäter führte. Die möglichst umfassende Aufklärung dieser Vorgänge ist ein wichtiges Ziel des Projekts. Auch die Perspektive der Hinterbliebenen gehört zum Thema des Projekts. Deren Kommunikation mit Behörden und Politik sowie das Bemühen der Angehörigen um Informationen und Entschädigung werden wichtige Aspekte der Forschung sein.

Für eine umfassende und transparente Aufarbeitung braucht die Forschung die komplette Offenlegung der Quellen. Auch mehr als fünf Jahrzehnte nach dem Anschlag gibt es noch Akten, die gesperrt sind. Das gilt für einschlägige bayerische Behörden und Archive, aber auch für Bundesministerien und Bundesbehörden, hier vor allem die Nachrichtendienste. Das Bundesministerium des Inneren und für Heimat hat dem Projekt dafür volle Unterstützung zugesichert.

Die internationale Historikerkommission

Der Historikerkommission gehören acht international renommierte Historikerinnen und Historiker an:

  • Prof. Dr. Ofer Ashkenazi (Professor für Geschichte und Direktor des Richard Koebner Minerva Center für Deutsche Geschichte an der Hebräischen Universität von Jerusalem)
  • Prof. Dr. Michael Brenner (Professor für jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Direktor des Center for Israel Studies an der American University in Washington D.C.)
  • Prof. Dr. Shlomo Shpiro (Direktor des Europa Instituts und Inhaber des Paterson Chair in Security and Intelligence an der Bar-Ilan University in Ramat Gan, Israel)
  • Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze (Professorin i.R. für Zeitgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München)
  • Prof. Dr. Petra Terhoeven (Professorin für Europäische Kultur- und Zeitgeschichte an der Universität Göttingen)
  • Prof. Dr. Shulamit Volkov (Professorin em. für Moderne Europäische Geschichte an der Universität Tel Aviv)
  • Prof. Dr. Klaus Weinhauer (Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bielefeld)
  • Prof. Dr. Christopher Young (Professor für Germanistik an der Universität Cambridge)

Das Team der IfZ-Forschungsstelle

Am IfZ tragen der Direktor Prof. Dr. Andreas Wirsching und der Leiter der Forschungsabteilung München Prof. Dr. Johannes Hürter die Gesamtverantwortung für das Projekt.

Die IfZ-Forschungsstelle wird von PD Dr. Eva Oberloskamp geleitet. Zum Team gehören:

Darüber hinaus werden weitere Expertinnen und Experten in die Arbeiten einbezogen. Die Forschungsergebnisse werden gegenüber der Öffentlichkeit transparent kommuniziert und sollen in Form eines Berichts an das Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie einer detaillierten wissenschaftlichen Darstellung publiziert werden.

Bildnachweis

  • Header: Bundesarchiv, Bild 145 Bild-00006457/ Fotograf(in): Wegmann, Ludwig
  • Bundesarchiv, Bild 183-L0906-0205 / Fotograf(in): Kohls, Ulrich
  • Amos Ben Gershom / Government Press Office, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
  • Astrid Schmidhuber / IfZ


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