Geschichte der deutschen Finanzministerien

Von 1945 bis zur Wiedervereinigung

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist ein bedeutender Akteur in der politischen Landschaft der Bundesrepublik, dessen zentrale Rolle in der bundesdeutschen Finanz- und Verwaltungsgeschichte im Rahmen des Projekts erstmals intensiv untersucht wird. Als klassisches ministerielles Ressort verfügt das BMF über zahlreiche Zuständigkeiten, die neben der Fachaufsicht über verschiedene Bundesbehörden primär in der Steuer- und Haushaltspolitik sowie in der europäischen Finanzpolitik liegen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konstituierte sich die Finanzverwaltung zunächst auf der Ebene der Länder, bevor sich das BMF mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 neu etablierte. In der Anfangsphase der Bonner Republik war es unter Leitung von Fritz Schäffer vor allem mit der Bewältigung der Kriegsfolgen, dem Wiederaufbau und der Stabilisierung der Währung beschäftigt. In diesem Kontext analysiert das Projekt die institutionellen und personellen Kontinuitäten beim Aufbau der Länderfinanzverwaltungen und des BMF sowie die finanzpolitischen Richtungsentscheidungen in den ersten Nachkriegsjahren.

Während der anschließenden Boomphase trug das BMF durch seine aktive Steuer- und Haushaltspolitik zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei. Zugleich fand mit dem Übergang vom klassischen Deckungsprinzip zu einer antizyklischen Fiskalpolitik ein Funktionswandel der Finanzpolitik statt, die dem Ministerium neue Aufgaben und Gestaltungsmöglichkeiten zuwies, allerdings wurden damit ebenfalls neuartige gesellschaftliche Ansprüche an das BMF herangetragen. Folglich wuchsen sowohl das Haushaltsdefizit als auch das Schuldenvolumen stetig an. 

Als Reaktion darauf entwickelte sich eine „Konsolidierungskoalition“, die die staatlichen Aktivitäten zurückfahren und die öffentlichen Haushalte sanieren wollte. Dabei ist noch offen, welche Erfolge mit der restriktiven Haushaltspolitik im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung erzielt worden sind. Parallel erlebte das BMF infolge der globalen ökonomischen Umbrüche der 1970er Jahre und der verstärkten Internationalisierung der deutschen Wirtschaft eine zunehmende Einbindung in internationale Kontexte. Daher werden auch die internationalen Aktivitäten und Handlungsspielräume seitens des BMF erstmalig näher beleuchtet.

Das Gesamtprojekt reicht zeitlich von der Gründungsphase des Ministeriums bis zur deutschen Wiedervereinigung und untersucht die Entstehung, die Organisation und das Personal des BMF sowie seine Finanzpolitik im Rahmen der bundesdeutschen und der europäischen Geschichte. Darüber hinaus bezieht es die Entwicklung von Finanzverwaltung und Finanzpolitik in der DDR mit ein, wo das Finanzsystem integraler Teil der Planwirtschaft war und sich damit grundlegend von jenem in Westdeutschland unterschied.

Wissenschaftliche Kommission

Prof. Dr. Stefanie Middendorf (Jena), Prof. Dr. Alexander Nützenadel (Berlin), Prof. Dr. Werner Plumpe (Frankfurt/Main), Prof. Dr. Laura Rischbieter (Basel), Prof. Dr. Hans-Peter Ullmann (Köln), Prof. Dr. Andreas Wirsching (München), Prof. Dr. Reimut Zohlnhöfer (Heidelberg)



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