„Kein Recht auf Faulheit“

Tagungstelegramm: Vortrag von Bernhard Rieger in der Vorlesungsreihe „Demokratie. Versprechen – Visionen – Vermessungen“

„Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft“, polemisierte Gerhard Schröder im April 2001 angesichts hoher Beschäftigungslosigkeit und Haushaltsdefizite. Die sozialpolitische Großzügigkeit der Nachkriegszeit hätte, so Schröders Vorwurf, Bürgern exzessive soziale Rechte zugestanden, die für eine allseits beklagte Wirtschaftsmisere in der Bundesrepublik mitverantwortlich waren. Als Antwort initiierte die rot-grüne Regierung eine auf die postindustrielle Gesellschaft zugeschnittene Arbeitsmarktreform als Teil eines sozialpolitischen Maßnahmenbündels, das dem Einzelnen mehr „Eigenverantwortung“ auferlegte und soziale Bürgerrechte neu definierte. Bernhard Rieger (Universiteit Leiden) zeigte in seinem Vortrag „zur Umdeutung von Bürgerrechten in der postindustriellen Gesellschaft“ am 27. Oktober 2022 am Institut für Zeitgeschichte in München, dass der Zeitpunkt der Reformen in Deutschland, deren Merkmale sowie deren Wirkungen am unteren Rand der Gesellschaft erklären, weshalb die um die Jahrtausendwende eingeleitete sozialpolitische Trendwende in der Bundesrepublik umstrittener als in anderen postindustriellen Gesellschaften ist und wiederholt als Risiko für die Demokratie betrachtet wird.

Die Veranstaltung wurde von IfZ-Direktor Andreas Wirsching moderiert und fand im Rahmen der IfZ-Vorlesungsreihe „Demokratie. Versprechen − Visionen − Vermessungen“ statt.

Zusätzlich zur Präsenzveranstaltung gab es den Vortrag auch als Zoom-Webinar – die Aufzeichnung kann hier nun auch nachgesehen werden:



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