Tagungstelegramm: Bundesdeutsche Demokratie und NS-Vergangenheit
Das Bundeskanzleramt war seit 1949 die politische Schaltzentrale der Bundesrepublik und wirkte auf alle Bereiche des Regierungshandelns ein. Welche Rolle spielte das Kanzleramt im Umgang der jungen westdeutschen Demokratie mit der NS-Vergangenheit? Der Doppelvortrag von Nadine Freund (Institut für Zeitgeschichte München–Berlin) und Christian Mentel (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam) am Mittwoch, 4. Dezember 2019 im Forum Willy Brandt Berlin, beleuchtete das Kanzleramt in der Zeit von 1949 bis in die frühen 1970er Jahre. Dabei wurde zum einen der Frage nachgegangen, welche Weichen die leitenden Akteure im Kanzleramt vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen und Überzeugungen für den Wiederaufbau der Demokratie stellten und wie sich der Umgang der Kanzleramtschefs mit der neuen Staatsform im Austausch mit Behörden, Parteien und anderen Ansprechpartnern gestaltete. Zum anderen wurde analysiert, welchen Stellenwert die NS-Vergangenheit für die politische Praxis des Kanzleramts besaß, wie das Amt auf Kritik an personellen Kontinuitäten reagierte, und welche Bedeutung den Themen Verfolgung, Widerstand und Exil in der täglichen Arbeit zukam.