15 Jahre Erinnerungsarbeit am Täterort

Am 20. Oktober 1999 wurde die Dokumentation Obersalzberg eröffnet

 

München/Berchtesgaden (16.10.2014) Die Dokumentation Obersalzberg bei Berchtesgaden feiert Jubiläum: Vor 15 Jahren, am 20. Oktober 1999, hat die Ausstellung zur Geschichte des ehemaligen „Führersperrgebiets“ ihre Pforten geöffnet. Seither hat sich der Lern- und Erinnerungsort auf dem Obersalzberg mit durchschnittlich 160.000 Besucherinnen und Besuchern pro Jahr zu einem Publikumsmagneten mit internationaler Ausstrahlung entwickelt. Ein Erweiterungsbau und eine neu gestaltete Dauerausstellung sollen die Erfolgsgeschichte der Dokumentation in den kommenden Jahren fortschreiben.

Der Obersalzberg war während der NS-Diktatur Hitlers zweiter Regierungssitz. Nach 1945 hatte die US-Army das Gelände als Erholungseinrichtung für die amerikanischen Soldaten in Deutschland genutzt. Mit dem Abzug der US-Truppen wurde der Obersalzberg 1996 an den Freistaat Bayern übergeben. Es folgten kontroverse Diskussionen über die künftige Nutzung des Areals: Schon in den Nachkriegsjahren hatte die Sorge bestanden, das ehemalige „Führersperrgebiet“ würde sich zum Wallfahrtsort für Alt- und Neonazis entwickeln. Als Kompromisslinie im Umgang mit dem historisch belasteten Gelände gab die Bayerische Staatsregierung das Zwei-Säulen-Konzept aus: Der Obersalzberg sollte mit dem Bau eines Luxushotels wie vor der NS-Zeit ein Ort des gehobenen Tourismus werden. Der Dokumentation fiel die Aufgabe zu, über die NS-Vergangenheit aufzuklären. Mit der Konzeption der Ausstellung wurde das Institut für Zeitgeschichte München – Berlin (IfZ) betraut.

Idylle und Verbrechen

Die Wissenschaftler des IfZ erarbeiteten dafür ein Ausstellungskonzept, das die Ortsgeschichte des Obersalzbergs nachzeichnet, dabei aber auch die vermeintliche Idylle von Hitlers Berghof in die verbrecherische Gesamtgeschichte des NS-Regimes einordnet. Gleichzeitig wurde das Bildungsangebot Schritt für Schritt ausgebaut: Die Dokumentation ist 15 Jahre nach ihrer Eröffnung ein lebendiger Lern- und Erinnerungsort mit einem eigenen Bildungsprogramm, öffentlichen Abendveranstaltungen bis hin zu Schülerworkshops und versteht sich damit auch als Bildungsstätte gegen rechtsextremistische Tendenzen in der heutigen Gesellschaft.

Perspektiven für die Zukunft

Die rasante Entwicklung der Dokumentation seit 1999 sorgte dafür, dass die räumlichen Gegebenheiten rasch an ihre Grenzen stießen: Mit einer Finanzzusage des Freistaats Bayern über 17 Millionen Euro soll die Dokumentation deshalb in den kommenden Jahren einen Erweiterungsbau und eine neu konzipierte Ausstellung erhalten. Erstmals wird dabei auch das Gelände von Hitlers Berghof einbezogen und zum integralen Bestandteil der Dokumentation. Nach den kontroversen Diskussionen rund um die Entstehung der Dokumentation gilt damit als wichtige Erkenntnis der zurückliegenden 15 Jahre, dass nur ein offener und wissenschaftlich fundierter Umgang mit dem Areal eine sensationsheischende oder nostalgische Mythenbildung rund um Täterort Obersalzberg verhindern helfen kann.

Das Jubiläum ist damit auch ein wichtiger Orientierungspunkt, um aus den bisherigen Erfahrungen Erkenntnisse für die künftige Geschichtsvermittlung am Obersalzberg abzuleiten. Zum Geburtstag schenkt sich die Dokumentation so auch eine prominent besetzte Podiumsdiskussion für den Blick in die Zukunft: Am 20. Oktober 2014 erörtern Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Medien, Politik und Gesellschaft Bilanz und Perspektiven der Erinnerungsarbeit am Obersalzberg.



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