Franz Josef Strauß

Tagungstelegramm: Eine schillernde Figur der alten Bundesrepublik

 

Er wurde verehrt und geliebt, gehasst und bekämpft - nur gleichgültig ließ Franz Josef Strauß niemanden. Noch heute scheiden sich die Gesiter an "FJS", wie auch bei der Podiumsdiskussion am Institut für Zeitgeschichte in München am 27. Oktober wieder einmal deutlich wurde. Mehr als vierzig Jahre lang war deutsche Politik ohne Strauß nicht denkbar: Er prägte die CSU, aber auch die Geschichte der alten Bundesrepublik - bis hin zu ihren Affären. Horst Möller stellte auf der IfZ-Veranstaltung seine Biografie vor, die er zum hundertsten Geburtstag der schillernden Figur aus bislang unausgewerteten Archiven und Quellen vorgelegt hat. Als Historiker argumentierte er vor allem, dass sich medienwirksame Bilder und Erzählungsmuster mittlerweile derart über die historische Person Strauß gelegt hätten, sodass der "realen" Figur nur der um Unvoreingenommenheit bemühte Blick des Wissenschaftlers auf die Quellen näher komme.

Im Anschluss an Horst Möllers Vortrag diskutierte der Autor mit Franziska Augstein (Süddeutsche Zeitung) und Thomas Schlemmer, Bayern-Experte des Instituts für Zeitgeschichte, über die kontroversen Facetten des Atom-, Finanz- und Verteidigungsministers und späteren Ministerpräsidenten Strauß. Während Augstein darauf hinwies, dass Strauß seine emotionalen Reden sehr gezielt einsetzte und dem Politik-Profi durchaus bewusst gewesen sei, dass bestimmte Sätze am nächsten Tag in der Zeitung stünden, betonte Schlemmer, dass der Redner sich zum Teil so in Rage redete, dass er die Kontrolle über seine Worte verlor. Möller machte auf die politisch-programmatischen Inhalte etlicher Strauß-Reden aufmerksam, die in der Diskussion meist untergingen, da einzelne Sätze immer wieder zitiert würden. Einig waren sich alle Diskutanten darüber, dass die sogenannte "Spiegel-Affäre" in den frühen 1960er Jahren ein Skandal der jungen Demokratie gewesen sei - die Rolle, die Franz Josef Strauß darin einnahm, wurde jedoch unterschiedlich bewertet. Moderiert wurde die Diskussion von Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte.

 

Nach der lebhaften Podiumsdiskussion regten sich auch Stimmen aus dem Publikum: SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel, aufgefordert von einem anderen Besucher der Veranstaltung, äußerte seine kritischen Gedanken zu Franz Josef Strauß, erinnerte sich aber auch an seine Zeit als Münchner Oberbürgermeister und lobte Strauß' Rolle bei der Bewerbung für die Olympischen Spiele in der Landeshauptstadt.

 

Das Institut für Zeitgeschichte in München hat über "FJS" eine kleine Ausstellung im hauseigenen Foyer eröffnet. Bis zum 27. November sind eine historische Materialschau und Forschungsliteratur aus den Beständen des Archivs und der Bibliothek zu sehen.



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