Mehrheit der BMI-Mitarbeiter aus der Bürokratie des Nationalsozialismus
Demnach stammten zwar nur ein Zehntel der Beamten des BMI aus dem Reichsinnenministerium, jedoch die Mehrheit aus der Bürokratie des Nationalsozialismus. Meist waren dies Juristen aus der kommunalen Verwaltung, deren Berufseinstieg während der NS-Diktatur erfolgte. Während Belastete anfangs eher untergeordnete Posten erhielten, waren um 1960 zwei Drittel der leitenden Mitarbeiter (ab Referatsleiter) ehemalige NSDAP-Mitglieder und fast die Hälfte vormals Angehörige der SA.
Die Bewerber mussten zwar über ihren Lebenslauf Rechenschaft ablegen, doch die Angaben wurden kaum überprüft. Nicht wenige Beamte vermochten daher wesentliche Teile ihrer NS-Vergangenheit zu verschweigen. Sie passten sich der neuen demokratischen Ordnung an, aber oftmals bestanden etatistisch-autoritäre, nationalistische und stark antikommunistische Denkmuster fort, was sich in ihrer politischen Arbeit niederschlug. Die Forschergruppe weist in vielen Bereichen nach, wie Gesetzesentwürfe aus dem Apparat des Bundesinnenministeriums an öffentlichen Protesten und dem Veto anderer politischer Gremien und Akteure scheiterten – wie etwa die Planungen zum Notstand, zum Presserecht oder zur Verfassung eines vereinigten Deutschlands. Gegenüber jüdischen Minderheiten wählten die belasteten Mitarbeiter ebenfalls oft eine harte Linie, die einen Fortbestand älterer, zum Teil bereits vor 1933 üblicher Denkmuster zeigt. Auch in diesen Fällen entstand ein öffentlicher Unmut, der demokratische Lern- und Anpassungsprozesse in der Verwaltung förderte.
Weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF):
- Dr. Franziska Kuschel: Die Verwaltung der Sicherheit. Das Ministerium des Innern der DDR
- Stefanie Palm: Das Bundesinnenministerium und die Politik der Mediensteuerung nach dem Nationalsozialismus
- Dr. Dominik Rigoll: Innere Sicherheit in Deutschland. Der lange Weg zur „streitbaren Demokratie“
- Martin Diebel: Sicherheit im Ausnahmezustand. Das Bundesinnenministerium im Konflikt um die Notstandsgesetzgebung 1949-1968
Steuerungsgruppe des IfZ:
- Prof. Dr. Magnus Brechtken
- Prof. Dr. Dierk Hoffmann
- Prof. Dr. Johannes Hürter
- Prof. Dr. Michael Schwartz
- Prof. Dr. Hermann Wentker
Bildnachweis:
Sliderbild und Seitenbanner: "Einrichtung der Arbeitsräume für das Ministerium des Innern", Bundesarchiv, Bild 183-S95772 / Fotograf: Rudolph