Der Stern und seine Geschichte(n): Historische Wurzeln, Themen, Akteure und Wandlungen in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (IfZ):  Dr. Felix Lieb,  Prof. Dr. Magnus Brechtken
Projektinhalt:

Das 1948 gegründete Magazin Stern ist ein Mythos bundesrepublikanischer Mediengeschichte. Aufbauend auf den – lange unberücksichtigt gebliebenen – Grundlagen des Stern-Vorgängers im „Dritten Reich“ entwickelte es sich unter der Führung Henri Nannens zur auflagenstärksten Illustrierten Westdeutschlands. Der Stern begleitete die Demokratisierung der westdeutschen Gesellschaft nach dem Ende des Nationalsozialismus und spielte insbesondere seit den 1960er-Jahren eine wichtige Rolle für die politische und gesellschaftliche Liberalisierung der Bundesrepublik. Die Veröffentlichung der angeblichen, aber gefälschten „Hitler-Tagebücher“ 1983 fügte dem Selbstbild als gut recherchiertes, gleichzeitig für den breiten Lesergeschmack geschriebenes, Unterhaltung und Aufklärung verbindendes Massenmedium allerdings erheblichen Schaden zu. Darüber hinaus wurden Handlungen und Hintergründe führender Personen während der NS-Zeit zuletzt wiederholt problematisiert.

Die damit verbundene, größere Frage nach dem Umgang des Stern mit der NS-Vergangenheit und möglichen personellen, inhaltlichen und gestalterischen Kontinuitäten ins „Dritte Reich“ wurde punktuell bereits untersucht. Eine systematische Analyse steht allerdings noch aus. Einerseits bestimmte die vom Stern und Henri Nannen selbst geprägte Aufstiegsgeschichte nach einer medialen „Stunde Null“ lange Zeit die Fremdwahrnehmung des Blattes und führte zur verzerrten Rezeption bereits vorliegender Forschungserkenntnisse. Andererseits wurden in den letzten zwei Jahrzehnten NS-Kontinuitäten in bundesrepublikanischen Institutionen, Unternehmen, Diskursen und personellen Netzwerken intensiver erforscht, der Bereich der Medien und des Journalismus blieb dabei jedoch weitgehend außen vor. Ein spezifisch medienhistorisches „Aufarbeitungsprojekt“ zum Stern existiert daher noch nicht, ebenso wenig wie zu den meisten anderen bekannten Presseorganen.

Das Projekt konzentriert sich daher, in einem mehrdimensionalen Zugriff, auf den Umgang mit der NS-Vergangenheit im Stern. Neben der inhaltlichen Textanalyse wird dabei insbesondere die Bildsprache und die Visualisierung NS-bezogener Inhalte eine zentrale Rolle spielen und eine bisherige Forschungslücke füllen. Auf der personellen Ebene fokussiert sich die Studie auf die relevanten Redakteure und Fotografen. Es wird untersucht, in welchem Zusammenhang die Behandlung der NS-Zeit im Stern zu persönlichen Erfahrungen und möglichen Belastungen im „Dritten Reich“ stand und inwiefern die mediale NS-Verarbeitung auf Kontinuitäten bzw. Diskontinuitäten bestimmter Weltbilder und Rollenverständnisse beruhte. Der Stern fungiert exemplarisch als Spiegel für die sich wandelnden Geschichts- und Verhandlungsinteressen der deutschen Gesellschaft und für deren mediale Verarbeitung und Beeinflussung. Kern der Untersuchung ist – unter Berücksichtigung älterer publizistischer Vorbilder und des biografischen Hintergrunds der Akteure – der Stern seit seiner Gründung 1948 bis zu den gefälschten „Hitler-Tagebüchern“ 1983.

Aktuelles aus dem Projekt

Im April 2023 fand zum Auftakt des Projekts eine wissenschaftliche Konferenz in Berlin statt. Ein ausführlicher Konferenzbericht wurde auf H-Soz-Kult veröffentlicht: https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-137678




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