Transnationale Politiken in der Diaspora: Exilant/innen in der Bundesrepublik zwischen 1967 und 1989

Weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:  

Faruk Güler (Ruhr-Universität Bochum)

Projektinhalt:

Politisch verfolgte Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland Asyl beantragt haben, standen bislang nicht im Fokus der geschlechtergeschichtlichen Demokratiegeschichte. Die ethnisch und politisch heterogene Diaspora trug jedoch wesentlich zum Wandel der bundesdeutschen Demokratie seit den 1960er Jahren bei. Transnationale Politik war das Markenzeichen dieser Exilant/innen. Insbesondere infolge von Putschen und Militärinterventionen in der Türkei kam es zum Exodus von signifikanten Migrantengruppen, darunter viele Politiker/innen, Künstler/innen, Student/innen, Intellektuelle und Lehrer/innen. Diese Flüchtlingsgruppen organisierten in der Bundesrepublik Exilstrukturen, blieben im politischen Widerstand gegen die politische Führung ihres Heimatlandes aktiv, unterstützten andere Migrant/innen in Fragen der Sozialfürsorge und Arbeitswelt und waren teilweise in den westdeutschen sozialen Bewegungen und Gewerkschaften politisch und kulturell aktiv. Frauen nahmen darin eine wichtige Rolle ein.

Das Dissertationsprojekt, das seit November 2022 durch die Gerda Henkel Stiftung gefördert wird, betrachtet das Spannungsfeld zwischen Demokratie und Geschlechterordnungen als transnationale und intersektionale Konfliktgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Es untersucht, welche Praktiken und Semantiken des Politischen die Migrant/innen aus ihren Herkunftsländern in die Bundesrepublik transferierten, wie sie in der politischen Öffentlichkeit intervenierten und sich in Deutschland als politische Subjekte inszenierten. In welcher Weise prägten sie die außerparlamentarische Opposition, die Frauen- und Queerbewegungen, die transnationale Zusammenarbeit von politischen Organisationen und die Stadt- und Gemeinderäte? Wie beeinflusste das Zusammenspiel von Erfahrungen und Erwartungen der Migrant/innen einerseits und bundesdeutscher Gesellschaft andererseits den Wandel der bundesrepublikanischen politischen Kultur? Der Fokus auf Exilant/innen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus bietet Aufschluss über das konflikthafte Verhältnis von Demokratie und Geschlecht in der Bundesrepublik seit den 1960er Jahren.

Dieses Projekt ist ein Teil des Gesamtprojekts "Demokratie und Geschlecht: Konflikte um die Ordnung der deutschen Gesellschaft im 20. Jahrhundert".




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